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42jähriger Silberhecht, gereifte Marlene, Rekord-Auböck und dritte Kategorie für alle(s) Diverse(n)

Abgesehen davon, dass Rotweißrot nach dem Synchron-Nixen-Bronze jetzt auch im Medaillenspiegel auftaucht, liefert die von Budapest kurzfristig übernommene Schwimm-Weltmeisterschaft  jede Menge an Überraschungen sportlicher, aber auch menschlicher Natur. Was den Sport betrifft, so ist der Brasilianer Nicholas Santos noch einmal in die Schwimmgeschichte eingegangen. Der bisher schon älteste Kurzbahn-Weltmeister aller Zeiten von Abu Dhabi 2021 bewies auch auf der schwierigeren 50m-Langbahn ohne Wende, dass Alter nicht vor (Welt)Klasse schützt. Der inzwischen bereits 42jährige Santos wurde über 50m Delfin nur vom US-amerikanischen Superstar und Mehrfach-Olympiasieger und Weltmeister Caleb Dressel besiegt, holte sich aber mit WM-Silber seine bereits 15. Medaille seit der ersten vor bereits 18 Jahren!

Der Brasil-Evergreen, der als Spätzünder noch mit persönlichen Rekorden auftrumpft, dient auch dem 25jährigen Felix Auböck als Vorbild in spezieller Hinsicht. Nicht etwa, dass der Mittzwanziger gedenkt, auch in 17 Jahren noch um Medaillen zu kraulen, ganz und gar nicht. Aber Felix, Blitzgneißer und Schnelldenker, als Schwimmer hingegen kein Sprinter, sieht gerade im fortschreitenden Alter ein Verbesserungspotenzial. „Wenn ich mit den Trainingsjahren an Kraft zulege, dann wird auch die Grundschnelligkeit besser“, fand der Ausnahmeschwimmer, der mit seiner exzellenten Ausdauer trotz der schnellsten letzten Länge aller 200m-Kraulfinalisten die auf dieser für ihn (noch zu) kurzen Strecke die ersehnte Medaille als Überraschungsfünfter in Ö-Rekordzeit (1:45,11) um lumpige 0,13 Sekunden. Aber er trauerte ihnen nicht nach, sondern bezog daraus Kraft. „Jetzt weiss ich, dass ich nächstes Jahr sicher 1:44 schwimmen kann!“ 

Eine außerordentliche Steigerung, die auch von seiner besten Schwimmfreundin, der mittlerweile in Kalifornien studierenden Mehrfachrekordlerin Marlene Kahler ins Licht gerückt wurde.

Je älter, umso schneller: Einst Warnecke (D), jetzt Santos (Bra), der immer neue Schwimmgeschichten schreibt.

Auch wenn Kahler mit ihrer bisher besten Vormittagsleistung (200m Kraul in 2:00,75/1,15 hinter pers. Bestzeit, 2,22 über Zaiser-Rekord) nur auf Platz 21 gelandet war, so gehörte sie mit ihren Aussagen nach dem Rennen zu einer positiven Überraschung. Als Business-Studentin in Amerika (USC LA), wo Schwimmen als klassischer Uni-, Olympia- und WM-Sport einen ganz hohen Stellenwert besitzt, weiß Marlene die tollen Zeiten und Resultate eines Felix Auböck ebenso gut wie hoch einzuschätzen. „Zum Leben eines Spitzensportlers“, meinte die gereifte Marlene, „gehören Höhen und Tiefen, Siege und Niederlagen, aus denen man lernt. Wie ich Felix kenne, hat ihn der 4. Platz mit der verpassten Medaille noch stärker gemacht!“ Er hat es mit zwei  Weltklasserekorden bestätigt.

Kahler, die nach Olympia 2021 in „ein tiefes Loch gefallen war“, worüber sie aber nicht näher sprechen will, ist sportlich noch nicht dort, wo sie schon war. „Aber ich bin dankbar, dass ich bei der WM dabei sein darf …“ Zu verdanken hat sie es auch dem Verband, der aus ganz gewissen Gründen eine 4x200m-Kraulstaffel der Damen nominiert hat, die selbst im Falle von lauter Bestzeiten weit hinter der Spitze herschwimmt. Als Startfrau würde die frühere Youth-Olympic-Medaillengewinnern (2xBronze) am liebsten ihre eigene Bestzeit und eine Zeit unter zwei Minuten attackieren, um sich nach den Wechsel-Turbulenzen neue (Schwimm)-Motivation zu holen. Und selbst zu überraschen.

Nicht genug sportlicher Überraschungen sei auch erwähnt, dass mich der mit mir die längste Zeit auf Kriegsfuß befindliche OSV-Pressechef höchst amikal begrüßte und vor den WM-Jungkollegen gar als Lehrmeister und Legende hinstellte, als Vor- und nicht Feindbild. Alle Achtung, Raimund Fabi, ich hätte alles, nur dieses Verhalten nicht erwartet. Was aber nichts daran ändert, dass ich auch auf meine alten, aber immer noch agilen Reportertage ganz sicher nicht müde werde, als Gerechtigkeitsfanatiker manch Missstände, Fehlentwicklungen, Fehleinschätzungen (nicht nur aus meiner Erfahrungs- und Wissens-Perspektive) und Nominierungsprozesse zu Lasten anderer Schwimmerinnen aufzudecken.

Und dazu gehört auch eine Form von Nepotismus, der mit Vorspiegelung falscher Tatsachen gerechtfertigt wird. Dazu zählen aber eben auch nebulose Staffelprojekte, in denen man(n) ganz ohne vollbrachte Limit-Leistungen den eigenen Nachwuchs forcieren und unterbringen kann, frei nach Erich Maria Remarque, den deutschen Romancier: Nichts Neues im Westen! Jetzt würde mich nur noch überraschen, sollten die rechnerischen NachzüglerInnen derart über sich hinauswachsen, dass sie als Sensations-Quartett auftauchen. Dazu aber, das sei hinzugefügt, müssten sie über jene Klasse und Kräfte verfügen, mit denen sich Felix Auböck als vom Wesen her Anti-Rogan zum sportlichen Rogan-Nachfolger entwickelt hat. Auch Rogan hat so nebenbei als Kurzbahn-Weltmeister und -Weltrekordler von Manchester 2008 bei den folgenden Peking-Spielen 2008 nur Blech satt Edelmetall geholt…

Und von wegen Überraschungseffekten – es gab auch mehr als nur ein Post Scriptum!!!

Schließlich gab´s in Budapest noch eine Entscheidung, die allerdings nicht überraschend kam angesichts der aus- und überwuchernden Political Correctness und Gender-Fairness (?). Geborene Männer, die sich durch Operationen in Frauen verwandeln lassen wie die/der US-Amerikaner(in) Lia Thomas  (NCAA-Championship-Titel nicht anerkannt), dürfen künftig nicht mehr gegen Frauen schwimmen. Das ist einmal eine klare Ansage, wobei die nächste auf höheren Polit-Befehl und umgesetzt just vom FINA-Boss aus den Emiraten tatsächlich neue, womöglich teure Kapitel aufschlägt. Der Weltverband führt jedenfalls zu Männlein und Weiblein eine neue dritte Kategorie ein – ob diverse, perverse oder wie/was immer, weiß der Teufel, der bekanntlich auch im Detail steckt, nicht wahr…

Ja, werte Blog-Leser, es geht um sportliche Fairness und darum, dass wirklich alle, die  auf höchster Ebene nach dem höchsten Gut oder Gold streben wollen, es  künftig auch dürfen und sich derart selbst verwirklichen können. Ich bin schon gespannt, ob aus dem aktuellen Solo für Lia Thomas gar ein Mainstream mit verdammt guten Chancen für die einschlägigen Chirurgen wird. Wie heißt´s so schön  beim Obersatiriker Nestroy im Lumpazivagabundus? „Die Welt steht auf kan Fall mehr lang…“ Oder aber, wie es die Politik(er) will/wollen, immer mehr Kopf.

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