Es war sicher eines der besten Endspiele, die es je in einem Grand-Slam gegeben hat, wenn nicht das dramatischste, das man jemals in Roland Garros erlebte. Entschieden erst nach füünfeinhalb Stunden mit- und nervenaufreibenden, gnadenlosen Schlagabtauschs im letztlich einseitigen Champions-Tiebreak (10:2), in dem der mehrmals vermeintlich entthronte spanische Titelverteidiger Carlos Alcaraz, 22, gegen den Weltrnglistenersten Jannik Sinner, 23, aus Sexten in Südtirol den längeren Atem und mit 4:6, 6:7, 6:4, 7:6 und 7:6 das bessere Ende für sich hatte. Ein verdienter Sieger des Stehaufmännchens in einem Duell, das sich zwei Sieger verdient hätte.
Auch wenn´s noch so banal klingen mag, so bestätigte sich letztlich in diesem epischen Finale die Abwandlung eines Fußball-Kalauers, die im Tennis dann so lautet: Matchbälle, die du verschlägst, die verwertet dann der Gegner. Jannik Sinner hatte deren drei, die er allUesamt vergab, womit sich auch das sogenannte Momentum von ihm zu Alcaraz drehte. Und der als etwas kleinerer, aber noch schnellerer Spieler dann volles Risiko nahm, das ihn mit für Sinner unerreichbaren Bällen auf die Linien belohnte. Und wenn er sie dann so oft trifft wenn´s um Alles oder Nichts geht, dann hat das mit Glücksspiel ichs mehr zu tun. Dann ist das Beweis für Sonderklasse an Weltklasse.
Für Alcaraz bedeutete dieser Herzschlag-Triumph bereits seinen fünften Grand-Slam-Titel und nach Wimbledon die zweite erfolgreiche Titelverteidigung, die er schneller Hand, tollen Returns, wuchtigen Angriffsbällen, aber auch feinen Händchens etwa bei Stoppbällen verdankt. Oder kurzum (s)einem Allroundkönnen, das sich mit mentaler Stärke nicht nur, aber vor allem auf Sand zu einer fast unüberwindlichen Mauer aufbaut. Sinner war knapp daran, sie zu überwinden, aber knapp vorbei ist trotzdem daneben. Und war nach dem Comeback mit Rebreak zum 5:5 im 10. Spiel des fünften Satzes doppelt bitter.
Ob und wenn welche Spuren das beim Südtiroler hinterlässt, wird sich erst zeigen. Detto auch, welche Konsequenzen sowohl Sinner als auch sein Coach Darren Cahill, der übrigens mit Saisonende aufhört, aus dieser bitteren Lektion ziehen. So fantastisch auch viele Schläge sind, die Sinner immer wieder aus dem Ärmel zaubert, für meine Begriffe müsste er angesichts seiner Größe von knapp 1,90m mehr freie Punkte aus seinem Aufschlag herausholen. Und sich damit vor allem gegen solche Lauf- und Returnwunder wie Alcaraz sowohl Laufarbeit als auch Kraft sparen.
Aber auch das ist nach einem spielerisch swie dramaturgisch sensationellen, wenn nicht einzigartigen Finale nichts als Jammern auf allerhöchstem Niveau, vor dem unsereins nur den Hut ziehen konnte. Wie gesagt – ein brutales Duell mit einem verdienten Sieger, das zwei Sieger erdient hätte…