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Annullierte Top-Top 12, gewertete Flop-Top 10 und drei ehrliche Worte: Sport ist Politik

Wer zwischen Wien und Budapest pendelt und damit auch zwischen Medienberichten aller Arten einerseits, Live-Ereignissen zum anderen, kommt mitunter aus dem Staunen bis Wundern nicht heraus. Hatte am Dienstagabend in der Duna Arena mit dem muskulösen Brustschwimmer Bernhard Reitshammer ein Wahllinzer aus Innsbruck mit dem auch für ihn sensationellen 4. WM-Platz im (nicht-olympischen) 50m-Sprint für ein Highlight gesorgt, so herrschte dann anderntags Heulen und Zähneknirschen.

Wieder ging´s ums Brustschwimmen, aber um die olympische 200m-Distanz, in der Rekordmann, OSV-Vizepräsidentensohn und Polizist in spe, Christopher Rothbauer, auf der Flucht nach vorn vermeintlich in der für ihn zweitbesten Zeit (2:10,78) ins Semifinale geschwommen war, ehe er als Gesamt-Zwölfter disqualifiziert und damit aus dem Klassement gestrichen wurde. Doppelt bitter auch für seinen ungarischen Trainer Balazs Fehervari, der endlich Covid-frei gewesen, in die alte Heimat geeilt und dann natürlich angesichts des sportlichen Schicksalsschlags schwer enttäuscht war. Da Christopher des Abends meist schneller ist als vormittags, hätte er gerne seinen eigenen Rekord (2:09,88/Berlin 2020) attackiert …

Während Rothbauer dem annullierten Semifinale nachtrauerte, konnte sich die in keiner wie immer gearteten Hinsicht qualifizierte 4x200m-Kraulstaffel der Damen (Kahler, Pammer, Kreundl, Vizepräsidententochter Opatril) einen Top-10-Platz in der Arena ans Arena-Trikot heften – als Zehnte unter nicht mehr als 12 Staffeln! Und das, obschon keine Deutschen, keine Italienerinnen, keine Französinnen, keine Schwedinnen, ganz zu schweigen von den (Weiß)-Russinnen, die ja ausgesperrt sind, gestartet waren. Im Dutzend wurd´s halt billig gegeben, der Rückstand auf den eigenen Rekord (2015!!!) betrug (welch Wort!!!!) zwei Sekunden und jener auf die Vorlaufschnellsten (Australien) ohnehin nur 20,24 Sekunden, das ist bald eine ganze Pool-Länge. Aber Dabeisein ist frei nach dem alten olympischen Prinzip ja bekanntlich alles, oder? Was tut man nicht alles fürs “Vaterland” …

Und wenn schon kurz von den der Putin-Aggression wegen ausgeschlossenen Russen und Weißrussen die Rede war, dann durfte ja auch eine laute Stimme eines mittlerweile in Magdeburg lebenden und trainierenden Kraul-Stars aus der Ukraine nicht fehlen, jene des WM-Dritten über 800m, Michailow Romantschuk, auch ein langjähriger Auböck-Gegner. Kaum waren die Tränen nach der emotionalen Siegerehrung getrocknet, kaum war die unvermeidliche Herz-Schmerz-Story (“Ich weiß, dass auch Sportler im Krieg umkommen, ich telefoniere nur einmal am Tag mit den Eltern”) auch allseits notiert bis publiziert, da erteilte Romantschuk in spontaner Ehrlichkeit allen Schalmeien-Tönen von völkerverbindender bis unpolitischer Rolle des Sports eine Absage mit drei Worten: „Sport ist Politik!“

Im Großen nicht anders als im Kleinen. Auf der Weltbühne der Stars und im nicht immer feinen, kleinen Provinztheater. Es zahlt sich schon aus, wenn beim Pendeln zwischen Städten und Welten die Grenzen buchstäblich “verschwimmen” …

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