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Tennis-Apfel fiel nicht weit vom Ruder-Stamm

ORF

Wer vor den French Open auf sie gesetzt hätte, wäre reich geworden! Wer bitte vielmals hätte auch Iga Swiatek, 19 Jahre junge Polin aus Warschau, auf der Rechnung haben sollen? Aber die jüngste Roland-Garros-Siegerin seit 23 Jahren (1997/Iva Majoli) holte sich nicht nur gegen Australian-Open-Siegerin Sofia Kenin den Titel mit einem 6:4, 6:1 – die vermeintliche Außenseiterin gab im ganzen Turnier keinen Satz und dabei pro Match nie mehr als fünf Games ab. Selbst die topgesetzte Simona Halep, die normal keinen Ball verloren gibt, verwandelte die Nummer 54 der Welt beim 6:1, 6:2 im Achtelfinale ins Kanonenfutter für ihre unglaublich harten Schläge.

Jetzt hat Iga als erste Polin, die je einen Grand-Slam-Titel gewann, auch ihr Vorbild Agnieszka Radwanska, die inzwischen verheiratete Ex-Wimbledon-Finalistin, 22malige Turnier- und dazu Masters-Siegerin, übertroffen. Klar, dass ihr Polens Staatspräsident Duda für den historischen Triumph spontan seine Glückwünsche übermittelte. Noch klarer, weil es ein hausgemachter Sieg ist, der nicht auf dem Mist, sondern den Genen und dem Wissen der Eltern gewachsen ist die beide an der Uni in Warschau ihr Sportstudium abgeschlossen haben, also diplomierte Trainer sind. Und klar auch, dass sich das Fräulein Tochter von Kindesbeinen an ins Zeug gelegt und am Riemen gerissen hat nach dem Leitbild des Herrn Papa, der 1988 in Seoul im olympischen Ruder-Doppelvierer den 7. Platz belegt hatte, zwei Jahre davor sogar in der polnischen Mannschaft stand, die Silber gewann. Der Apfel, so sagt man, fällt eben nicht weit vom Stamm.

Swiatek hat zwar jetzt als 19-jährige ihren ersten Grand-Slam-Titel gewonnen, aber für Leute vom Fach war sie kein unbeschriebenes Blatt, sondern eines der ganz großen Talente im weiblichen Tennis, schließlich hatte sie 2018 im Juniorinnen-Doppel in Paris und gleich danach im Wimbledon-Junioren-Einzel triumphiert, bei Grand-Slams der Damen da und dort ebenso wie bei WTA-Turnieren einige Runden überstanden, ohne je eines zu gewinnen. Aber auch Part oft he Game and Plan von Vater Tomasz, der erlebt hat, wie hochgejubelte 14, 15 oder 16-Jährige oftmals Opfer ihres Ehrgeizes oder dem der Eltern, aber auch der Geldgier von PR-Agenten und Manager wurden, die mit Jugendwahn den Werbewert immer mehr in die Höhe schraubten. Meist auf Kosten der Teenager.

„Für uns“, so soll Papa Swiatek laut polnischem Übersetzer, Schwimmcoach Andrzej Szarzynski, immer wieder betont haben, „kam es nie in Frage, unsere Tochter aus finanziellen Gründen aus ihrer Entwicklung zu reißen, sie dabei womöglich frühzeitig zu verheizen. Wir kennen das ja auch aus anderen Sportarten.“ Motto: Alles braucht seine Zeit, um zu reifen. Diktat der Natur. Jetzt, mit 19, war aus dem Mädchen Iga, die immerhin eine Reihe an ITF-Turnieren gewonnen hat, eine ausgewachsene junge Frau geschlüpft mit 1,76m an Körpergröße, mit enormer Schlagkraft und ausgeprägtem Selbstbewusstsein. All das spielte sie gegen die zudem durch eine Oberschenkelverletzung zusätzlich geschwächte Melbourne-Siegerin Sofia Kenin respekt- und gnadenlos aus. Gerade am Beispiel der jüngsten French-Open-Siegerin offenbaren sich aber auch fatale Fehler und Fehleinschätzungen, die hierzulande Talente daran hindern, sich in Ruhe so zu entwickeln, dass aus ihnen was wird im Tennisleben, wenn sie körperlich wie sportlich dazu fähig sind.

Schlag nach bei einer gewissen Tamira „Mimi“ Paszek, die immerhin mit Jugendstarlets und späteren Topstars wie Viktoria Azarenka, Agi Radwanska oder Anastasia Pawljutschenkowa als Teenager noch auf Augenhöhe war, nach drei Turniersiegen (darunter Eastbourne) und zweimaligem Wimbledon-Viertelfinale aus diversen und nicht nur Verletzungsgründen aber dann bei weitem nicht halten konnte, was man sich von ihr als künftiger Grand-Slam-Siegerin versprochen hatte. Und mittlerweile steht zu befürchten, dass sich das auch bei einer Mira Antonitsch wiederholt, die uns als nächster Stern angekündigt wurde, der demnächst vom Himmel fällt. Wenn die mittlerweile 21-jährige aber nicht bald die Top 650 verlässt, um mit gezieltem Fortschritt zumindest unter die Top 200 zu kommen, dann wird mit ihr auch das heimische Damentennis höchstens aus allen Wolken fallen. Mediale, durch väterliches Lobbying geförderte Ankündigungspolitik wird a la longue die Wahrheit nie ersetzen.

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