Wenn das vor einigen Jahren, nein: Monaten jemand gesagt hätte, wäre er ganz sicher verlacht worden. Jawohl, ausgelacht, weil praktisch unvorstellbar nach dem Prinzip: Es kann nicht sein, was nicht sein dürfte. Und worum geht´s dabei? Um den letzten Weltcup-Slalom in Chamonix vor dem WM-Auftakt in Courchevel und Meribel, bei dem Geschichte mit einer geradezu romantischen Geschichte geschrieben wurde, notabene begleitet von einer rotweißroten Generalproben-Pleite, die sich gewaschen hat. Am Tag, als der beste Österreicher durch Ausfälle gerade noch von Rang 16 auf den 13. Platz gespült wurde, an einem märchenhaften Wintertag zu Füßen des Bergriesen Mont Blanc, ging ein gewisser A. J. Ginnis in die Annalen des Skirennsports ein. Nur der entfesselte Swiss-Comeback-Sieger Ramon Zenhäusern war schneller als der 28jährige Hellene, der als erster Grieche auf ein Podest im Skiweltcup getanzt war – als Zweiter mit Laufbestzeit im Finale. Was immer noch oder wieder geschieht, schon jetzt ein Klassiker!
Auch wenn A. J. Ginnis, der sich so ausspricht, wie er sich schreibt, eben griechisch, durch die Hände österreichischer und US-Amerikanischer Skitrainer ging, so handelt es sich bei ihm nicht um einen Beute-Griechen, sondern um einen Mann, der in Athen als Sohn eines Griechen zur Welt gekommen war, der im Badeort Vouliagmeni nahe dem östlichen Cap Sounion aufwuchs und als Zweijähriger erstmals auf Skiern stand – am Athen-Hausberg Parnass, wo der Herr Papa eine Skischule für die betuchten Hellenen betrieb, sofern genug Schnee lag. Mit dem Skilehrer-Vater übersiedelte A. J. später nach Kaprun, wo ihn das Rennfieber packte, er durch die Schule österreichischer Trainer ging, ehe er als Student nach Vermont an eine der Ski-Akademien wechselte, aus denen auch Stars wie Daron Rahlves oder A. J. Kitt gekommen waren.
Dass er schon einmal Bronze bei einer Junioren-WM geholt hatte, wurde kaum registriert – so wenig wie die Tatsache, dass er nach dem Tod des Vaters nur durch Public Funding den Traum von der Rennläuferke weiter träumen durfvte. Ginnis ist polyglott, er spricht perfektes (Hoch)Deutsch ohne Akzent, ganz so, als würde er aus unseren Regionen kommen. Bevor er mit einem Traumlauf im Finale in Nobelort Chamonix die Skiwelt auf den Kopf stellte, hatte A. J. bei uns in der Maier-Heimat Flachau auf der „Märchenwiese“ im Jänner 2021 ein erstes kleinen Histörchen abgeliefert, als er mit Platz 11 an die Top 10 anklopfte, nur 0,18 Sekunden hatten gefehlt. Alter, neuer Österreich-Bezug…
Verletzungen hatten Alexander J. Ginnis den Olympiawinter 21/22 gekostet, aber schon bei der Rückkehr in den Skizirkus in Val d´Isere (Dezember 2022) hätte er fast für Furore gesorgt, weil er sich auf Anhieb fürs Finale qualifiziert hatte, zunächst als Zwölfter klassiert und nachträglich disqualifiziert wurde. Mit dem ersten Griechen-Podest weit vor ÖSV-Vorbildern von ehedem hat er sich nun mehr als entschädigt. Wer weiß, was ihm noch alles bei der WM nicht weit von Chamonix entfernt gelingt, wer weiß? Er weiß, dass er nicht zu verlieren, aber alles zu gewinnen hat.
Im Gegensatz zu den desperaten, deklassierten ÖSV-Stars, die sich mit einem blamablen Debakel zu Füßen des höchsten Gipfels in Europa mit einem Berg an Kritik, Spott und Hohn konfrontiert sahen. Vielleicht wär´s auch für einen Spitzenmann wie Manuel Feller klüger, sich vor einer WM mehr auf das Großereignis zu fokussieren als zur falschen Zeit die Werbetrommel für ein erstes Album als Musikus zu rühren, das zeitgerecht zum Auftakt am Montag präsentiert wird. Wenn da die Hühner nicht mehr lachen als über einen Griechen, der den verhinderten Skihelden der Nation mehr als nur die Show stiehlt. Beim Zeus, alles andere denn klassisch…