Mir ist schon klar, dass ich mich quasi in die Nesseln setze, wenn ich mir erlaube, den mittlerweile vom medialen Mainstream zum unfehlbaren Wunderwuzzi erklärten Ralf Rangnick zu kritisieren. Mir ist schon bewusst, dass es an Majestätsbeleidigung grenzt, dem streitbaren schwäbischen ÖFB-Teamchef sozusagen unerlaubter Weise am Zeug zu flicken, werde es aber sine ira et studio, also ohne Zornesröte und ausuferndem Eifer, trotzdem tun. Schließlich kann und darf nicht sein, dass R. R. machen und sagen kann, was er wann immer sagen will, ohne dass es womöglich auf Widerspruch stößt.
Wenn ich höre und lese, dass der Teamchef nach dem 1:1 gegen Slowenien und dem damit verlorenen Gruppensieg von der besten Leistung seiner Mannschaft in seiner Amtszeit sprach, dann hat´s mir die Red´ verschlagen. Natürlich haben wir den Ball die längste Zeit fast ohne Gegenwehr zirkulieren lassen (Ballbesitz lange 72:28). Natürlich häuften sich durch den Dauer- und Überdruck die Chancen, verjuxte Gelegenheiten machten aber sozusagen im unerwarteten Gegenzug auch slowenische Diebe, mit denen sie Arnie und Konsorten den (Gruppen)-Sieg gewissermaßen legal stahlen.
Was immer sich abspielt, wie immer sich ein Spiel entwickelt, am Ende des Tages entscheidet das Resultat, da gibt´s keine Punktesieger oder Schönheits- und Statistik-Preise, die so gerne von den TV-Kommentatoren und Analytikern aller Arten/Sorten verteilt werden.
Und wenn R. R. nicht gesehen hat, dass mit schwindender Kondition auch Konzentration und damit das „Gesamtkunstwerk“ eines Rekordlers wie Arnautovic flöten gingen, dann muss er Scheuklappen getragen haben. Jedenfalls kam ihm bis zu den letzten Minuten nicht in den Sinn, das elfte und schwächste Glied ebenso wie ein, zwei andere durch neue kräftigere Glieder zu ersetzen. Fast justament nicht, obschon man sah, dass Slowenien auf Augenhöhe war…
Das ist die eine trotz Unentschiedens eher ein verlorenes Match betreffende kritische Anmerkung, die ich mir herausnehme. Der andere Seitenhieb betrifft hingegen den vom Teamchef mit den (um den rekonvaleszenten Alaba ergänzten) Spielern angezettelten, aufgeheizten, un- und unterbewusst auch kräfteraubenden Machtkampf mit dem ÖFB-Präsidenten samt Präsidium wegen des ihnen genehmen, aber entlassenen Generalsekretärs als unersetzliches Bindeglied zum Team.
Wieder justament vor den beiden Schlüsselspielen in Kasachstan und in Wien, wo der fast sicher geglaubte direkte Aufstieg in die A-Gruppe der Nations League schlussendlich verjuxt und verspielt wurde. Auch wenn R. R. jetzt noch so laut ruft, dass die Mannschaft noch nie so gut gespielt hätte wie heute, so ändert es nichts daran, dass sie ihr deklariertes Ziel im ersten Anlauf verpasst hat. Und wer sich wie schon in Almaty gegen Kasachstan, so auch in Wien als Weltmeister im Chancenverschleudern und an Ineffizienz erweist, der muss damit rechnen, dass er Tore, die er nicht schießt, eben irgendwann kassiert. Zeit also, sich nicht nur deshalb bei aller kollektiven Euphorie auch einmal selbst bei der Nase zu nehmen.
Und dabei auch die Frage zu stellten ob sich er oder sie sich nicht etwa doch etwas überschätzen? Noch hat der R. R. mit einem tollen Legionärskader zwar einen Begeisterungsfunken entzündet, aber trotzdem nicht mehr als ein EM-Achtelfinale erreicht, weil Österreich seit Jahrzehnten mit wenigen Ausnahmen in Schicksals/Entscheidungsspielen gescheitert ist. Wie gegen biedere Slowenen. Leider…