Wenn ein neuer Fußball-Teamchef gesucht wird, wenn Bundesliga und Champions-League am Programm stehen, wenn Golf-Fans beim US-Masters bei Sepp Straka mitfiebern und begeistert sind, dass es tigert, dann geht zwangsweise der Schwimmsport mehr oder weniger unter. Aber dank seiner fabelhaften Medienarbeit und des überbordenden Interesses, seine Topleute in der Öffentlichkeit auch möglichst gut zu positionieren, hat es der heimische Schwimmverband, ausgerüstet mit Sportdirektor und PR-Agenten, an diesem Wochenende tatsächlich geschafft, die Topleistung seines Aushängeschildes mehr oder weniger beiläufig unter den Scheffel zu stellen. Was lese ich im ORF-Teletext, der immerhin zu den wichtigsten heimischen Nachrichtendiensten zählt, im Titel einer Schwimmmeldung? Heiko Gigler, Graz-Student aus Spittal an der Drau, ein tatsächlich bewundernswerter Bursche, der sich im Kraulsprint ständig verbessert, ohne an die Weltklasse heranzukommen, schafft EM- und WM-Limit in Eindhoven! Toll. Aller Ehren wert.
Trotzdem zweitrangig, wären die Teletexter von den Verbands-Experten auch so informiert worden, dass sie die Topleistung unseres Kurzbahnweltmeisters Felix Auböck andernorts, nämlich beim hochkarätig besetzten Meeting in Stockholm, richtig taxieren hätten können. Bei allem Respekt vor Gigler – erst irgendwo im Teletext fand sich nämlich die Meldung, dass Felix bei seiner ersten Standort-Bestimmung im WM-Countdown für Budapest (ab Mitte Juni) über 400m Kraul in 3:44,26 quasi „nur“ Zweiter geworden war, allerdings minimal langsamer als bei seinem Weltklasse-Rekord (3:43,91) bei Olympia in Tokio – und nur besiegt von einem neuen deutschen Superstar a la Lukas Märtens, der eine Zeit schwamm, die seit jenen des gesperrten China-Superstars Sun Yang bei weitem nicht mehr erreicht worden ist. Mit seiner Stockholm-Leistung aus dem Training rangiert Auböck so nebenbei auf Platz 2 der Weltrangliste. Nebenbei? Die Nr. 2 der Welt! Und auch bei der WM 2019 hätte er damit Silber geholt…
Zur Top-Weltklasse von Mittelstreckler Felix Auböck (links) fehlt dem Kraulsprinter Heiko Gigler doch noch einiges.
Wenn ich vergleiche, wie andere Sportverbände solche Resultate ausschildern würden, und wenn ich daran denke, wie gut der LA-Verband einen Weißhaidinger, aber auch Dadic und Co medial auf einem Tablett serviert, ja sogar einen Andreas Vojta nach seinen Sieg im bis dahin ersten 10.000er-Rennen der Saison 2021 in der Schweiz gegen Nobodys als Nr. 1 der Welt verkauft hat, dann kann man sich nur wundern über diesen Verband einer olympischen Kerndisziplin. Aber wer weiß, vielleicht war´s im Falle Auböck auch eine Seitenhieb-Retourkutsche seitens des Verbandes. Inwiefern, so werden sie fragen? Wenn stimmt, was mir keineswegs der loyale Weltmeister gesteckt, aber bestens informierte Insider verraten haben, dann liegt die Antwort auf der Hand: Felix Auböck hat es nämlich abgelehnt, mitten in seiner Vorbereitung auf Stockholm und die WM-Probe aufs Exempel für einen Promotion-Auftritt beim ORF am Küniglberg von Loughborough via London nach Wien und gleich wieder retour zu jetten. Potz Blitz, auf so eine Idee muss man erst kommen, oder? Grenzgenial! Da kann man sich´s leicht verscherzen!
Kein außergewöhnlicher Einzelfall. Was soll´s nämlich bei allem humanitären Verständnis, wenn der seit Jahrzehnten die fehlenden 50m-Schwimmhallen beklagende Schwimmverband in vorauseilendem Polit-Gehorsam die Arme für ukrainische Topschwimmer ausbreitet und sie einlädt, sich bei uns in Österreich auf die WM in Budapest (hier gibt´s 10x so viel Hallen wie in Österreich) und EM in Rom vorzubereiten. Dass unsere SchwimmerInnen sich Zeiten und Bahnen vom Mund absparen müssen, das tut ja offenbar so gut wie nichts zur Sache. Wenn ich mir aber dann aus gutem Grund und Interesse anschaue, wie die Nachwuchsschwimmer(innen) in einem Multi-Nationen-Meeting mit ein, zwei Ausnahmen um Welten hintennach strampeln, dann stelle ich mir die Frage, ob nicht auch in diesem Verband wie in einigen anderen heimischen Organisationen das amerikanische Sprichwort zum Prinzip erhoben wurde, das lautet: The blind leading the blind!
