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Diego Maradona – gestorben, aber unsterblich

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Pele, Maradona, Messi, das sind wohl die drei Größten aller Zeiten, jeder für sich aber wohl der Größte in seiner Generation. Pele war 80 und lebt noch. Messi ist 33 und spielt immer noch. Diego Maradona aber ist tot, am 25. November 2020 nur 60-Jährig an einem Herzinfarkt nach einer Gehirn-OP gestorben. Tod einer Legende, die einst die Sterne vom Himmel holte, die sich aber schon zu Lebzeiten selbst mit seiner Zügellosigkeit in vielerlei Hinsicht zerstörte. Die Hand Gottes, mit der er in Mexiko gegen England anno 1986 in die WM-Geschichte eingegangen war, hat den fußballerisch Außerirdischen, aber im Leben danach Unterirdischen, zu sich geholt, als wollte sie der Karikatur seiner selbst weitere Tragödien ersparen. Er hat sich, seiner Fußballheimat Argentinien, aber auch dem SSC Napoli quasi den Fußballhimmel eröffnet, machte sich selbst aber sportlich, privat und familiär durch Scheidung und Affären, Mafia-Nähe, Drogen- und Dopingskandale ebenso wie durch seine Castro-Freundschaft sozusagen die Hölle heiß.

Kein anderer der weltbesten Kicker aller Zeiten pendelte so oft, so lange und so verzweifelt zwischen Genie am Fußballplatz und Wahnsinn im Spielfeld des Lebens. Ob er sich und seine Mannschaften entweder im Happy End nach 90, 120 oder mehr Minuten sonnte oder aber nach dem WM-Finale 1990 in Rom weinend seinen Emotionen freien Lauf ließ, man spürte immer und überall, dass sein ganzes Herzblut in den Fußballadern floss, er aber ohne Ball wenig bis nichts mit seinem patscherten Leben anzufangen wusste. Ein junger Held mit Heldentaten im besten Fußballeralter, aber von Jahr zu Jahr, Trainerstation zu Trainerstation und unersättlicher Disziplinlosigkeit auch immer tragischere, skurrilere Figur, die sich kurz vor seinem Tode mitunter nicht einmal mehr artikulieren konnte. Tiefer Fall aus höchsten Höhen, nein: anderen Sphären des ganz normalen Fußballs.

Niemand, der es je live erleben durfte als Live-Augenzeuge im Aztekenstadion wie ich, kann den bis heute nie wieder erreichten Slalomlauf vergessen, bei dem er fde facto von der Mittellinie weg sechs oder sieben Briten austrickste, um das 2:0 für Argentinien zu erzielen. Auch wenn er sich erst im Finale die WM-Krone aufsetzte, dieses Tor krönte Diego, den sie Diegito nannten, zum fußballerischen Gesamtkunstwerk. Klein, stämmig bis untersetzt, aber eben darum und dank seiner fast magnetisch anmutenden Ballkontrolle nicht einmal dann umzusäbeln, wenn´s die härtesten Verteidigerknochen auf ihn abgesehen hatten, es sei denn, sie brachen ihm das Bein wie der spanische „Eisen-Fuß“ Goicoechea, als er beim FC-Barcelona nach der WM 82 unter Vertrag gewesen war.

Kein Beinbruch, salopp formuliert, für einen Maradona, der nach Neapel ging und dort unterm Vesuv ganz ohne Ausbruch mit dem ersten Titelgewinn einen wahren Vulkan an Euphorie auslöste. Auch wenn ihm Staatsanwälte den Prozess machen wollten, für die neapolitanischen Fans war und blieb Maradona quasi ein Fußball-Heiliger, so etwas wie ein Messias, der ihnen den Himmel auf Erden eröffnete. Für mich wär´s kein Wunder, würden sie das Stadio San Paolo im nördlichen Stadtteil Fuorigrotta in Maradona-Stadion umbenennen, um ihrem begnadeten, außerirdischen Fußballgott ein Denkmal auf Erden zu setzen. So einen wie ihn wird´s kein zweites Mal geben. Die Hand Gottes hat ihn gestreichelt, aber letztlich auch bestraft für all das an Gottverbotenem, das er sich geleistet hat. Nun möge er in jenem Frieden ruhen, den er in 60 Jahren nie wirklich gefunden hat.

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