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Ehrlicher Weltmeister Auböck: „Mein Herz klopft vor jedem Großereignis!“

Kaum hat die Schwimm-Großmacht Ungarn vom japanischen Fukuoka die WM 2022 übernommen, bauen sich in Budapest vor der Duna Arena, dem futuristischen Schwimmtempel, aber nicht nur Verkehrshürden auf. Just zur WM gibt´s statt der 3er-Metro nur einen Schienenersatzverkehr per Bus, also für Nicht-Magyaren eine Fleißaufgabe. Und rund um die tolle Arena gibt´s einen vom mehr als übervorsichtigen Weltverband verordneten Security- und Corona-Test- und Checkpoint nach dem anderen, sodass sich kaum mehr wer auskennt, wer wo wann hinein- oder hinausdarf.

Also gar nicht so einfach, dass es auch zu einem vereinbarten Appointment für ein kurzes Gespräch mit Felix Auböck kommt, der schon am Vortag angereist war und alle Hürden, die es gab, genommen hatte. Unsereins stand auf den Treppen zum Ein- oder Ausgang, Blick zum Busparkplatz, wo die SchwimmerInnen mit Sack und Pack  zu ihren Sportlerhotels „geshuttelt“ werden. Kaum hab´ ich mich gefragt, ob ich auch richtig steh´, hör´ ich schon die bekannte Stimme: „Herr Metzger … hier bin ich!“

Ja, das ist Felix Auböck. In seinen 1,98 stecken viele Vorzüge. Verlässlich. Pünktlich. Dankbar. Demütig. Bodenständig. Polyglott. Weltgewandt. Blitzgescheit und pfeilschnell im Wasser. Ein Mann von Klasse. Nein, Weltklasse. Mehr noch: Weltmeister. Im Kraulstil. Domäne 400 Meter. Ein Klassiker, in dem die Größten der Geschichte ihre Spuren oder Flossen hinterlassen haben: Rose, Konrad, Schollander, McDermott, Holland, Perkins, Thorpe, Hackett, Biedermann, um nur einige der Granden zu nennen.

Als Langbahn-Spezialist krönte sich Auböck quasi als Weihnachtsgeschenk zum Kurzbahnweltmeister in Abu Dhabi. Jetzt kämpft er im 50m-Pool der Duna-Arena am ersten WM-Schwimmtag erst ums Finale und dann, wenn er es unter die Top 8 schafft, auch um eine Medaille. Für ihn ist´s n diesem pompösen Schwimmtempel so etwas wie „Home-Coming“ auf Neudeutsch. „Ja, hier fühl´ ich mich wie daheim, hier kenn´ ich nach den Checkpoints alles, auch die ganzen Abläufe.“ Und hier erinnert er sich an die WM 2017 mit Vorlauf-Bestzeit und Rekord, an die Jahresweltbestzeit im
Sommer 2020, an die Topresultate (für New York) bei der International Swimming League – und die erste (Silber)-Medaille bei der Europameisterschaft 2021 vor 13 Monaten. Das sind natürlich auch Emotionen, die beflügeln.

Aber Auböck weiß, wie schwer es wird. „Bei mir ist alles da, was Rang und Namen hat!“ Zwei Amerikaner, zwei Australier, Italiener wie De Tullio, Balten wie Rapsys und zwei Deutsche, von denen sich der 20jährige Lukas Märtens (Magdeburg) binnen einem Jahr um vier Sekunden als überragende Nummer 1 der Welt auf die viertbeste Zeit aller Zeiten (3:41 hoch von 3:46) gesteigert hat. „Sensationell“, sagt Auböck, der sich mit allen Rivalen gut versteht, am besten nicht nur der Muttersprache wegen „mit den beiden Deutschen, die sind Freunde von mir… “ Im Pool allerdings hört sich die Freundschaft auf. Da wird um jeden Zentimeter gekämpft, der beim Anschlag über Wohl oder Wehe entscheiden kann.

Wie steht´s um das Nervenkostüm des inzwischen vergoldeten und versilberten England-Legionärs mit englischem Trainer Andy Manley (Loughborough)? Hat ihn schon das WM- und Rennfieber gepackt? Vorerst noch nicht, weil noch die finalen Vorbereitungen im Laufen waren. Etwa eine 150m-Probe aufs Exempel im Tempo, das er über 400m anschlagen will. Und ansonsten nur noch leichtes Training, ehe ihm am Samstag früh die Stunde schlägt. Die Frage, ob es ihn am Abend davor aufwühlt, er schon ein nervöses Prickeln spürt, beantwortet der baldige „Master“ der Politikwissenschaft in aller Ehrlichkeit so. „Ja, vor großen Schwimmereignissen krieg´ ich immer Herzklopfen. Aber es ist ein positiver Stress, der damit zu tun hat, dass mein Herz für Schwimmen schlägt. Solche Gefühle kenn´ ich vor Uni- Prüfungen nicht, da ist´s mir eher wurscht…“

Jetzt kann man nur hoffen, dass der Kurzbahnweltmeister auf der ihm viel lieberen Langbahn in der Duna Arena zu Budapest das Wasser so zum Kochen bringt, wie das Kraulsprinter Heiko Gigler von sich und Kollegen versprochen hat. Einem wie Auböck ist immer alles zuzutrauen. Er verfügt über jene Klasse, die man hat, aber nicht kaufen kann. Sportlich wie menschlich. Verständlich, dass eine allerdings deutsche Bank (für Junge) demnächst auf ihn setzen will. Verdient hat er es schon lange 

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