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Ein Sätzlein gegen einen Millman macht noch lange keinen Thiem-Frühling

Zweiter Anlauf zum Comeback, diesmal unterer ATP-250-Level in Belgrad. Wieder nichts. Wieder verloren. Wieder gegen einen Nobody vergleichsweise, den Australier John Millman, mit dem er früher eher kurzen Prozess gemacht hatte. Immerhin ein Sätzlein gewonnen. Immerhin lange Ballwechsel gehabt. Immerhin mehr als 2 ½ Stunden lang Spielpraxis. Immerhin der eine oder andere gelungene, gewonnene Punkt.

Mit Dominic Thiem, dem US-Open-Sieger und Weltranglistendritten von vorgestern, sind auch wir bescheiden geworden mit den Ansprüchen nach der schrecklich langen Pause von neun und nun zehn Monaten, gefüllt mit Verletzungen und Krankheiten,  versprochenen und verschobenen Comebacks. Und einem fast kompletten Austausch seines einstigen Dream-Teams, aus dem inzwischen ein Thiem-Team geworden ist, in dem der Namensgeber und Hauptdarsteller allerdings nach der Pfeife der spanischen Firma Kosmos des Barcelona-Stars Pique tanzt, die zuletzt ganz schön in Misskredit geraten ist.

Aber reden wir nicht von den Unzukömmlichkeiten, die womöglich auch auf den Ex-Touring-Pro und aktuellen Thiem-Manager Galo Blanco ausstrahlen und ihn dabei anpatzen könnten. Reden wir lieber vom sportlichen Aspekt und damit auch Feedback des zweiten gescheiterten Comebacks, mit dem der „Dominator“ allmählich zum dressierten Starleinchen schrumpft, das in der Weltrangliste immer weiter und weiter abrutscht. 

Gemessen am ersten Auftritt in Marbella vor einem knappen Monat hat Thiem zweifellos an Schlagsicherheit gewonnen, nicht zuletzt auch dank des australischen Gegners, an sich Hartplatzspezialist (US-Open-Viertelfinale 2018), der Dominic die Bälle wie bei einem Drilltraining zuspielte, dabei den Platz oft öffnete, ohne ihn dann mit einem Schlag ins andere Eck zuzumachen. Was das gegen ein anderes Kaliber bedeutet hätte? Hypothese. Konjunktiv. Spiele und Gegner lassen sich schwer vergleichen.

Ja, Freund Nico: Jetzt ist guter Rat teuer bei und für deinen Schützling und unser aller Dominic Thiem…

Eines aber war, das erlaube ich mir anhand meiner Jahrzehnte langen Erfahrungen im und mit Tennis und Tennis-Profis doch festzuhalten: Wer so weit hinter der Grundlinie agiert, wer selbst gegen einen John Millman, der über 08/15-Schläge verfügt, aber keinen Killerinstinkt besitzt, immer wieder in die Defensive gedrängt wird, der wird´s schwer haben, sich aus dem Teufelskreis von fehlender Spielpraxis, Mangel an Selbstvertrauen und nicht vorhandenem Mut zum Angriff in naher Zukunft zu befreien. Nicht zuletzt deshalb, weil in der Zeit, in der Freund Thiem zur Zwangspause verdammt war, die jüngeren Generationen mit noch größerer Brutalität in ihren Schlägen zum Halali auf das kaum ältere, aber schon eingesessene Establishment (Zverev, Tsitsipas, Rublev, Berrettini, Sinner) blasen.

Und wenn von ausgetauschtem Thiem-Team die Rede ist, so erlaube ich mir den guten Rat, dass es vielleicht ganz gut wäre, auch den Coach auszutauschen, um sich von Bequemlichkeit zu verabschieden und endlich wirklich neuen Schwung in das versande(l)te Getriebe zu bringen. Mit Tennis von gestern wird Dominic Thiem bei allen Meriten in Zukunft nichts (Großes) mehr gewinnen. Und das wäre angesichts seines Talents mehr als schade, wenn nicht fahrlässig. Ein Sätzlein gegen den australischen Mühlenmann macht noch langen keinen Thiem-Frühling…

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