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Fazit der LA-WM: Nicht nur Blech-Deutsche sind von Stars zu Statisten früherer Exoten geschrumpft

Verzeihen Sie, werte Blogleser, diese Formulierung, aber die letzten Farbtupfen der fabelhaften LA-WM in Budapest setzten zwei weiße Sportlerinnen! Zum einen lieferte mit der inzwischen in Belgien lebenden Jaroslava Mahuchikh eine Hochspringerin (2,01m) aus der Ukraine ein politisch fast schon märchenhaftes Happy End, zum anderen führte das zunächst in der Mixed-Staffel mit Gold vor Augen gestürzte, dann über 400m Hürden vergoldete Oranje-Meisje Femke Bol mit einer Stadion-Fabelrunde die 4x400m-Staffel der Niederlande zum sensationellen WM-Triumph! Und fast gleichzeitig gab´s ein Duell der politisch verfeindeten Brüder Indien und Pakistan um Speerwurf-Gold, das Olympiasieger Neeraj Chopra aus Khandra nördlich von New Delhi vor Arshad Nadeem nahe der pakistanischen Grenze zu Indien gewann. Exoten gestern, Stars heute. Fazit: Einst bloßfüßige Sensationen wie Abebe Bikila (Marathon-Gold 60/64) gehen nun mit Siebenmeilenstiefeln nicht nur uns über die Hürden.

Im beängstigend-krassen Ausmaß gilt es vor allem für unsere deutschen Nachbarn, deren letzte Hoffnung in eben diesem Speerwurf-Finale, Julian Weber, als Vierter stellvertretend für die erstmals medaillenlose Ex-LA-Großmacht Deutschland die Blechtrommel rührte. Jawohl, das einst geteilte, dann vereinte Teutonien verließ Budapest mit so leeren Händen wie wir Österreicher. Und das mit zehnmal so viel Geld, zehnmal so großem, durch alle möglichen Migranten noch weit größerem, besserem Reservoir, aber auch und vor allem geschwächt durch –  ich drück´s bewusst ganz hart und brutal aus –  Wohlstandsverwahrlosung zum einen, aber auch der ‚Spätfolgen von Skandalen, auch wenn´s lang, lang her zu sein scheint. In Relation zu uns bedeutet geteiltes Leid halt nicht immer ein halbes, eher tut es der teutonischen Sportseele doppelt weh.

Das nur so nebenbei, weil ich auf etwas anderes hinauswill, das der Triple-Sprintweltmeister Noah Lyles zum Entsetzen mancher Landsleute angesprochen hat. Nicht etwas, dass der gute oder besser gesagt pfeilschnelle Noah die Rassismus-Keule ausgepackt hätte wie ehedem die Olympiasieger John Carlos und Tommy Smith anno 1968 in Mexiko City, ganz und gar nicht in diesem Falle. Voll Stolz hat der dreifach vergoldete Bolt-Nachfolger aus den Vereinigten Staaten ausdrücklich darauf hingewiesen, ein echter, ein wahrer „World Champ“ zu sein, der schnellste Mann der Welt bei einer wahren WM mit Athleten  aus fast 200 Ländern rund um den Erdball – im Gegensatz zu den NFL-, NBA-, NHL- und MLB-Vereinen, die sich nach Endspielsiegen in ihren Profiligen ungeniert als Weltmeister bezeichnen würden, ohne zu wissen oder zu ahnen, wie es gegen andere Klubs oder Nationen ausgehen würde.

Gut gebrüllt, neuer Sprintlöwe, kann man dazu nur sagen. Was für Noah Lyles  persönlich gilt und ihn dazu animierte, dies auch möglichst medien- und publikumswirksam zu formulieren, das reicht ja viel, viel weiter hinaus. Noch um wahre Eckhäuser mehr als im Schwimmsport, wo ja die Weißen auch großer gesellschaftlicher Vorteile wegen immer noch einen Vorsprung besitzen, hat sich das in der Leichtathletik längst ins Gegenteil verkehrt. Mit Ausnahme weniger Überdrüber-Athlet: Innen regiert mit den US-Amerikaner: Innen die dritte Welt nicht nur auf der doch eher simplen Laufbahn, sondern auch in den technischen Disziplinen. Wär´s anders, hätten sich nicht zum Finale furioso ein Inder und ein Pakistani ein tolles Duell im Speerwurf geliefert. Sozusagen als Speerspitze, was die einst führenden LA-Länder im doch nicht mehr so „good old Europe“ über kurz oder lang erwartet.  Sie alle, nicht nur wir Österreicher, werden Mühe haben, uns wenigstens am Trittbrett zu halten … 

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