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Formel 1-Zirkus mit Finale furioso oder: Gib dem Affen einfach Zucker

Hereinspaziert, hereinspaziert, meine Damen, meine Herren, in den Zirkus, der Formel 1 heißt, der rasende Anachronismus in Zeiten wie diesen, in denen überall auf die Bremse getreten wird. Milliardenspektakel, wo anderswo Gürtel enger schnallen gefragt ist. Allein die Reifenkosten kommen quasi unter die Räder, bedenkt man, dass ein einziger Satz pro Auto mehr als 6000 Euro verschlingt. Ja, ja, gebt den Affen nur Zucker, solange sozusagen der Vorrat reicht. Und machen sie sich keine Sorgen, was die Dramaturgie betrifft, da sind schon Spezialisten am Werk, die nicht nur wissen, wie man das Lenkrad dreht, sondern sich auch in Technik und Telemetrie so gut auskennen wie bei PS und Paragraphen!

Wenn zwei solche „Alpha-Tiere“, pardon: „Alpha-Menschen“ aufeinandertreffen wie der kaltblütige, vorgeblich edelmütige siebenfache Weltmeister Hamilton und der noch jugendliche, umso stürmischere Leitbulle Verstappen, dann kracht es halt immer wieder. Und wenn´s darum geht, den Schuldigen zu suchen, dann, ja dann, so sagen die Stewards und die Kommissare, dann tut Übermut eben selten gut, mein lieber oder besser: schlimmer fliegender Holländer! Wie und was immer sie auch mit Einsatz von Hi-Tech-Mitteln finden, um Strafen auszusprechen, am Ende kommt – wie bei der Zirkus-Zauberformel Hokuspokus – das absolute Wunschergebnis heraus. Ein Patt zwischen H. und V., die punktegleich in die letzte, finale Runde in Abu Dhabi gehen! Formel-1-Herz, was willst du mehr, um TV-Einschaltziffern in die Höhe zu treiben, Zeitungsspalten zu füllen, Social Media zu aktivieren, aufzuwühlen und/oder gar aufzuhetzen, dass die Meinungen so aufeinanderprallen wie die F1-Protagonisten.

Als ehemaliger Wegbegleiter der Laudas, Markos, Questers, Bergers und Konsorten mit mehr als 100 GP-Rennen möchte ich noch auf eines hinweisen: Nicht vergessen, dass hinter dem Duell der Alpha-Tiere, pardon: Menschen, auch ein Zweikampf zwischen Weltmarken steckt, die die rivalisierenden Teams finanzieren – da Mercedes mit dem malaysischen Öl-Mogul Petronas, dort RedBull, motorisch beflügelt vom japanischen Motoren-Partner Honda. Man muss kein „Grüner“ sein, um zu erkennen, wie sehr, Pardon: wie wenig die Formel 1 in das heutige und vor allem auch künftige, von Umweltschutz und Klimawandel geprägte Weltbild passt. Aber wenn der Zirkus mit dem spannendsten Titel-Duell seit Jahren ruft, dann sitzen auf einmal auch viele von jenen vor den Bildschirmen, die ansonsten gegen Autos, Straßen, Tunnels, PS und Luftverschmutzung re- und demonstrieren. Ja, wenn man dem Affen Zucker gibt, dann nimmt er ihn. Manchmal auch mit Handkuss.

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