Ehe ich mich wieder den aktuellen heimischen Turbulenzen von ÖOC bis Fußball zuwende, machen wir mal eine kurze Pause, um über mehr oder weniger atemberaubendes Tennis beim French Open zu berichten. Aus ÖTV- Perspektive sei vermerkt, dass der talentierte, mit Gardemaß ausgestattete Vorarlberger Joel Schwärzler, schon Jugend-Europameister, mit seiner Drittrunden-Qualifikation im Juniorenturnier mehr als nur ein rotweißroter Hoffnungsschimmer ist. Ja, womöglich gar ein Stern von morgen, der auf den Spuren des jungen Thiem wandelt, der einst im Nachwuchsfinale stand, ehe er es vor seiner Handverletzung zweimal bei den Großen schaffte.
Während wir zwischen Gestern und Morgen pendeln, heißt zumindest bis zum Semifinalduell mit Djokovic die faszinierende French-Open-Gegenwart in all seiner bubenhafter Gestalt, seines verschmitzten-schelmischen Wesens, seiner gnadenloser oder aber trickreicher Schläge wegen Carlos Alcaraz. Kein Don Carlos, sondern ein frisch-von-der-Leber-weg Carlito! Was die jüngste Nummer 1 der ATP-Geschichte zweieinhalb Sätze lang gegen den allerdings seit Wochen nicht in Höchstform spielenden, geradezu hilflosen Tsitsipas aufführte, wie er ihn dermaßen deklassierte, dass die Fans in einer Mischung aus Mitleid und Unterstützung schon laute und lange Stefanos-Choräle anstimmten, das hat man seit dem besten Nadal, seinem Vorbild, nicht mehr in Roland Garros gesehen. Ehe er sich noch einmal kurz aufbäumte, hatte der Grieche mit dem Hang zum mythologischen Antlitz wie das Kaninchen vor der Schlange gewirkt, die sich mit der leichten Beute spielte.
Im Moment, das wird auch der „Djoker“ als längste Nummer 1 der Tennisgeschichte wissen und merken, ist dieser Jungtwen das absolute Nonplusultra der Tennisszene. Eines, das mit den schnellsten Beinen, einer extrem schnellen Hand, die beim Service fehlende Größe ersetzt, knallharten Schlägen, aber auch frechen, gefühlvollen Stopps die Ballwechsel dominiert. Solange dieser Carlito mit der Wucht eines ausgewachsenen Carlos das Gesetz des Handelns bestimmt, solange wird ihm so schnell keiner beikommen oder gar über den Kopf wachsen, obschon er der Größten einer nicht ist.
Dieser Alcaraz ist, wie einst der junge Nadal, als er noch die Überknielangen Hosen mit der Aura des Revoluzzers trug, ein Siegbesessener, ein Unersättlicher, ein Gnadenloser, der wie ein Westernheld aus der Hüfte schießt. Ob der 15 Jahre ältere, um 21 Grand-Slam-Siege reichere, reifere Djokovic in diesem Generationen-Duell ein Konzept und Rezept findet, dieser jugendlichen Dynamik zu widerstehen, das ist die Schlüsselfrage. Ehe wir uns dann wieder heimischer Kost zuwenden, sei noch gesagt, dass man sich im Tennis davor hüten soll, von einem Match und einem Erfolg auf die nächsten unter ganz anderen Vorzeichen und Voraussetzungen zu schließen. Nicht immer, aber mitunter kommt´s doch anders, als man denkt. Abwarten, ob der Serbe, frei nach Ex-Coach Boris, noch einige Tricks in der Tasche hat…?