Felix Auböck schien so gut wie chancenlos als Siebenter zur Halbzeit, ehe er nach Plan den Turbo einlegte, mit „Overdrive“ einen Gegner nach dem anderen schluckte, um schließlich als EM-Dritter über 200m Kraul in 1:45,89 anzuschlagen, keine drei Zehntel hinter dem Schweizer Djakovic (1:45,60), nur abgehängt vom Wunderknaben David Popovici, der in 1:42,97 überlegen gewann. Aber Auböck weinte nicht so nahem Silber nach, sondern bejubelte die Bronzemedaille.
„Für mich“, meinte er bescheiden, „ist jede Medaille etwas Besonderes, ich hab´ ja noch nicht so viele – und die ersten erst mit 24, 25 Jahren gewonnen!. Ich war so oft Vierter, da nehm´ ich dieses Bronze mit Genuss!“ Auch als Bestätigung von England-Training (Loughborough), Countdown zur EM und den EM-Rennen selbst. Felix vergaß auch nicht, dass der wohl unerreichbare ungarische Superstar Milak gefehlt hatte, der den Endlauf am Vortag wegen Doppelstarts binnen zehn Minuten verpasst hatte. Im Blick zurück auf so viel Blech-Pech meinte Auböck, „dass diesmal auch das Glück etwas auf meiner Seite war…“
Auböck und sein Trainer Andy Manley zimmern immer einen Marschplan, den Felix immer einhält, egal wie sich ein Rennen entwickelt. Er schwimmt sein eigenes – vom Vorlauf bis zum Finale. Den 1:47,97 Minuten hatte er 1:46,60 Minuten im Semifinale folgen lassen, ehe er sich im Endlauf auf 1:45,89 steigerte, immer umso genau so viel schneller, wie er es benötigte. Eine innere Uhr im Leistungsschwimmer, die ihm, so scheint es, das Tempo reguliert und diktiert. „Nein, stimmt so nicht. Wir üben ja ständig im Training, mit welcher Schlagzahl ich wie schnell kann und muss, wenn es darauf ankommt!“
Und die Kurve der Schlagzahl steigt selbstredend mit dem Zugewinn an Kraft, der Perfektion der Technik und der Macht des Selbstvertrauens, das Felix mit oder ohne Medaillen und Titel auch mit ständig neuen Rekord-Verbesserungen getankt hat. Wo ihn früher Angst vor dem Mann mit dem Hammer etwas eingebremst hatte, dort hat er jetzt den Mut, ein höheres Anfangstempo anzuschlagen. „Ich wird´ kein Sprinter mehr auf die älteren Schwimmertage, aber ich trau´ mich schneller zu schwimmen, weil ich weiß, dass ich auch genug Ausdauer besitze …“ Das hat der auf der Jagd nach sein ersten 200er-Medaille perfekt umgesetzt. „Auf die letzten 50 m kommt es an – da gibt´s nur eines: Höchste Frequenz, Augen zu und durchbeißen!“
Und das ist eine ganz spezielle Qualität, auf die Auböck auch nach einem Tag schöpferischer Pause erst recht über 400m Kraul bauen kann, in denen er im Vorjahr mit EM-Silber (Budapest) seine allererste Medaille gewonnen hat, die er inzwischen als Kurzbahnweltmeister sogar vergoldete. „Dass ich hier am Podest steh´, dieses Gefühl nehm´ ich auf den 400er mit!“ Er steigt am Mittwoch mit den gleichen Gegnern, mit denen er schon zu tun hatte. Auch David Popovici.
Mit seinen Medaillen, aber auch der Blechtrommel, die er trotz Rekorden mehrmals rühren musste, ist Auböck längst der legitime Nachfolger von Markus Rogan, in dessen Sog er ja schon als NCAA-Champion geschwommen war. Allerdings nur als Schwimmer, nicht aber von seiner Person und Persönlichkeit, die sich total von jener des inzwischen in Los Angeles lebenden und als Psychologe praktizierenden Wieners unterscheidet. Felix ist kein Lautsprecher, aber auch kein Duckmäuser wie manch andere Schwimmer, aber ein Mid-Twen, der genau weiß, was er will, was er kann und was er erreichen möchte. Und der auch dankbar ist, dass ihm der Großbäcker Ströck als Sponsor unter die Arme gegriffen hat statt wie viele andere Unternehmen, die ihm trotz seiner atemberaubenden Erfolge die kalte Schulter gezeigt hatten…
PS: Nach ihrer Solo-Schwester Vasiliki haben auch die Drillingsschwestern Anna Maria und Eirini Alexandri. Schützlinge von Albena Mladenova, wieder in Medaillen gebadet, diesmal in Silber in der Technik-Kür, nur noch einen knappen Punkt hinter dem Ukraine-Duo. Nach dem Rotweißgrün für Italien regiert am Foto Italico das Blaugelb für das kriegsgebeutelte Land, das mit seinen feschen Synchron-Nixen ein Gold nach dem anderen, einen Jubelsturm nach dem anderen, Sympathiekundgebung nach der anderen kassiert. Balsam für die geprügelte Seele.