Nach einer desaströsen Saison der heimischen Ski-Damen, an der auch drei WM-Medaillen nichts ändern können, handelte der ÖSV mit seinem Alpinchef Herbert Mandl viel schneller als gedacht. Man könnte auch sagen, dass er einen Schnellschuss aus der Hüfte landete. Der sicher ambitionierte, aber überorderte, glücklose Cheftrainer Trinker, der aus dem Europacup gekommen war, wurde fast über Nacht mit den üblichen Dankesfloskeln verabschiedet, um Platz zu machen für einen alten Bekannten, der eine ganze Abfahrtsgeneration zur Spitze geführt hatte.
Beim neuen Boss, der vor allem die verunsicherten, frustrierten oder gar verzweifelten Technikerinnen wieder aus deren Formkrise und der damit verbundenen Resultats-Versenkung holen soll, handelt es sich um Roland Assinger, den jüngeren, aber nicht kleineren, sondern größeren Bruder des Ex-Skirennläufers, TV-Allerweltkerls und Werbe-Testimonials, der uns jeden Montag mit der Millionenshow begrüßt. Soweit ich informiert bin, war Roland vor einigen Jahren über eine im Namen aller Trainerkollegen geplante/geforderte Gagenerhöhung gestolpert, was sich im nach hinein als teure Zeche herausstellte, die der ÖSV in immer drastisch-dramatischer Form bezahlen musste.
Noch ist zumindest mir nicht bekannt, wen aller der neue Boss der Ski-Damen an seiner Seite haben oder behalten will. Aber dass mit ihm nicht nur ein Mann geholt wurde, der mehr als zehn Jahre in diversen ÖSV-Positionen tätig war, sondern einer, der sich zuletzt drei Jahre am Skigymnasium Davos in der Schweiz um Nachwuchsleute gekümmert hat, scheint mir ein wichtiges Signal zu sein.
Wie uns abgesehen von zweitrangigen, nicht sehr selektiven Europacuprennen die oft desillusionierenden Ergebnisse gezeigt haben, krankt es bei uns generell und auch bei den Skimädchen aus welchen (Hinter)Gründen immer seit Jahren an solchen Talenten, die ähnliche Raketen sind wie die Kroatinnen Ljutic und Popovic, die Schwedin Aronsson Elfman oder früher schon eine Robinson aus Neuseeland. Möglich, dass mit der Kitzbühelerin Valentina Rings-Wanner, in deren Adern wie bei Hirscher auch Oranje-Blut fließt, nach ihrer Rekonvaleszenz eine Granate heranwächst – eine, die in erster Linie vor allem Technik-Lücken schließen könnte …
Assinger mag zwar aus der Speed-Szene gekommen und dort eine verletzungsbedingt nicht ganz erfüllte Größe geworden sein, besitzt aber jahrelange Trainer-Erfahrung und – das ist zu hoffen – bei aller Härte und allem Durchsetzungsvermögen auch das Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl, um sein Team mit den richtigen Leuten zu besetzen. Nicht nur das, sondern auch neue Qualifikations-Kriterien oder gleich zu sagen: Ruten ins Fenster manch einer Etablierten, werden auch die vorrangigen Aufgaben und Herausforderungen für Assinger sein. Dazu wünscht man gutes Gelingen und auch viel Glück, das jeder Trainer über alle Qualitäten hin aus braucht. Der Rückgriff auf bessere alte Zeiten ist zumindest ein Vorschuss auf eine Rückkehr zur Spitze.