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K. o. im Daviscup: Sportliche Dornen stechen, auch wenn man finanziell auf Rosen gebettet ist

Ich hatte mich ganz bewusst nicht akkreditiert, weil ich aus privaten Gründen nur Zeit für den zweiten Davis-Cup-Tag hatte. Also hab´ ich mir eine Tageskarte auf Tribüne Nord, Reihe zwei mit Blick auf die Promis rechts unter mir und das Spielfeld gekauft, Preis 55 Euro: Alles in der Hoffnung, als „Return of Investment“ zu erleben, wie die Österreicher ein 0:2 doch noch in einen Sieg und den Aufstiegskampf in die Daviscup-Beletage verwandeln. Die anfangs schütter besetzten Ränge füllten sich, je näher das Doppel rückte – und sozusagen im Gleichschritt, Pardon: Gleichklang, wurde die Atmosphäre so angeheizt, wie das beim Beachvolleyball der Fall ist.

Mit viel Rotweißrot auf Köpfen und Körpern und mit skandierten Tönen, deren Texte auf der Videowall abzulesen waren wie etwa: Everybody clap! Multikulti im Multiversum. Anders als am Vortag, als der Platzsprecher und Einpeitscher ebenso wie der ORF den anwesenden Altmeister Hans Kary (unbewusst?) übersehen hatte, seines Zeichens immerhin Profipionier und mehr als 60facher Daviscup-Spieler (mit positiver Bilanz!), wurden diesmal Antonitsch, Hipfl und Trimmel den teils jungen Fans als Daviscup-Legenden untergejubelt. Wen aber schert heute schon ein X für ein U?

Einerlei. Als unser Vorzeigedoppel Lucas Miedler-Alexander Erler, das in Wien, Kitzbühel und anderen Turnieren schon gesiegt hat, das umgebildete Portugal-Duo (Cabral-Borges) nach knapp zwei Stunden mit größter Mühe 7:6, 7:6 niedergekämpft hatte, keimte natürlich Hoffnung auf, aber sie starb leider schneller als befürchtet, weil Dennis Novak (Ersatz für Ofner, Rückenprobleme) dem im Doppel so richtig ein- und warmgespielten Nuno Borges sang- und klanglos 3:6, 2:6 unterlag. Und statt eines fünften Duells auf Messers Schneide war´s bei 1:3 aus und vorbei. Ja, so kann´s gehen, wenn man sich von vornherein in zumindest leichter Favoritenrolle samt Heimvorteil gegen hierzulande ziemlich unbekannte, aber in Expertenkreisen selten unterschätzte Portugiesen offensichtlich allzu sehr in Sicherheit wiegt oder wähnt…

Mag schon sein, dass mich die Verantwortlichen des Tennisverbandes wieder als Beckmesser, Nestbeschmutzer, Negativisten oder Ewiggestrigen verdammen, das können sie auch getrost tun. Es ändert aber nichts daran, dass zwischen dem First-Class-Marketing mit First-Class-Sponsoring und in Stunden gemessener First-Class-TV-Coversage da und den sportlichen Leistungen der sogenannten ÖTV-Stars ein himmelhoher Unterschied besteht. Seit es jenen Dominic Thiem nicht mehr gibt, der nicht immer, aber doch des Öfteren als Grand-Slam-Sieger und Respektperson die Fahnen hochgehalten hat, reicht´s gerade für Sandplatzsiege gegen Pakistani, aber nicht viel mehr, so leid mir das als großer Tennisfan und ebensolcher Patriot das tut.

Ja, es gab den einen oder anderen Ausreißer nach oben wie von einem Ofner, von Misolic oder Neumayer, aber die eine oder andere Schwalbe macht noch lange keinen heißen Tennis-Sommer. Und zurück bleibt die Frage, ob der 17jährige Joel Schwärzler zu einer Taube auf dem Dach wird, was wir insgeheim alle immer noch hoffen, obschon er zuletzt mit einer Ausnahme nur mit vereinten (italienischen) Doppelkräften zu Endspielsiegen kam, im Single aber in den wichtigsten Junioren-Turnieren ebenso zum Auftakt ausschied wie beim Kitz-Qualifikationsdebüt gegen jenen Dennis Novak, der wiederum gegen Portugal zum Sargnagel wurde…

Und so wage ich zu (hinter-)fragen, was sich zum Vorteil des heimischen Tennissports in jenen gut zweieinhalb Jahren entwickelt hat, in denen es neben einem erfolgreichen Wirtschaftschef einen Sportdirektor gibt, der auch als Daviscup-Captain alles andere denn ein goldenes Händchen zu besitzen scheint. Ich warte seit eben diesen zweieinhalb Jahren auf ein mittelfristiges bis Langzeitkonzept, das Jürgen Melzer, einst Paris-Semifinalist, zweimaliger Wien-Sieger und kurzzeitige Nr. 8 der Welt, auf den Tisch legt.

Seine Erfolge in Ehren, aber für meine Begriffe sollte ein Sportdirektor ganz andere Vor- und Aufgaben haben, als da oder dort den Coach für einen Jungstar In spe zu spielen, wie er und wie das auch willfährige Medien immer wieder positionieren und plakatieren. Das Davis-Cup-K. o. gegen das zweitklassige Tennis-Land Portugal sollte auch ein Warnsignal sein, dass sportliche Dornen ganz schön stechen, auch wenn man finanziell dank bester wirtschaftlicher und personeller, (ex) präsidialer Vernetzungen auf Rosen gebettet ist

 

  

 

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