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Kein Aprilscherz, sondern Faust aufs Aug: Echter Wiener geht bei Bounce-Night-Fight doch unter!

Verzeihen Sie, werte Blog-Leser, dass ich als oft und gern verdammter Ewiggestriger mich aus gegebenem Anlass an eine billige Neuauflage erinnere. Dabei geht es ums Boxen, genauer gesagt: ums Profiboxen, das ja hierzulande nach der Hanse-Euphorie der 60er- und 70er-Jahren mehr oder weniger unsanft entschlafen war. Da es aber keinen derart charismatischen Boxritter von der erst mitreißenden, dann immer mitleiderregenderen Gestalt mehr gibt wie einen Ex-Rauchfangkehrer a la Hans Orsolics, so hält man sich hierzulande im dritten Jahrtausend ans Rezept, mit dem im wiedervereinigten Deutschland vor dreißig Jahren ein Box-Boom wie in der Nachkriegszeit ausgelöst wurde.

Das Konzept des von den Österreichern Helmut Thoma und Hans Mahr geführten TV-Privatsenders RTL war einfach, aber dafür noch durchschlagskräftiger als die Boxer, die es in die Tat umsetzten. Man nehme ehemalige Amateur-Golden-Boys aus der DDR oder aber Ostblock, um aus ihnen Profi-Champs zu stilisieren und zu formen, die über die Medien die Massen begeistern und die Kassen klingeln lassen. Die Galionsfiguren, die als Zuschauermagneten das anfängliche Dinner-Boxen mit Ring-Posaune Michael Buffer als Rattenfänger von Hameln zum populären, gefragten, dann hochbezahlten Blickfang machten, hießen Henry „Gentleman“ Maske und Vitali bzw. Wladimir Klitschko, die inzwischen ganz andere (Haupt)Rollen spielen.

Ja, daran erinnere mich, wenn ich verfolge, wie die Medien-Platzhirschen unseres kleinen Landes mit einer hochtrabend etikettierten „Bounce-Fight-Night“ im Vienna-Intercontinental-Hotel einer besseren Wirthausschlägerei im wahrsten Sinn des Wortes die Krone aufsetzen. Der Versuch, einen netten, sympathischen, schulisch ausgebildeten Burschen und Dancing-Star in Samthandschuhen wie Marcos Nader als neuen Publikumsknüller hinzustellen, scheitert nach leichten Aufbaukämpfen ein ums andere Mal am sogenannten „Glas-Kinn“ des einzig echten Wieners, der zudem – Pass hin, Pässe her – anders als im legendären TV-Hit leider untergeht. Schneller als ehedem Orsolics, dessen großer EM-Kämpfe in ausverkaufter Stadthalle sich älterer Semester auch heute noch erinnern.

Auch wenn mich der eine oder die andere am liebsten für diese Aussage prügeln würden, so bin ich der Meinung, dass zwar die Kronen-Zeitung als privater Unternehmer diese Mickey-Mouse-Events durchaus organisieren und propagieren kann und darf. Einem öffentlich-rechtlichen Sender wie dem ORF, der obendrein den Sport-Gürtel enger schnallen muss, steht es aber ganz sicher nicht zu, solch drittklassige, niedere Instinkte weckende, mit Pseudo-Titeln von teils selbsternannten Verbänden werbende Veranstaltungen live als besseren (Vor)-Mitternachts-Spuk mit ein bisschen Allerwelt-Promiaufputz zu übertragen. Wie ein  schlechter Aprilscherz am ersten Tag des vierten Monats 2023.

Der gute alte, scharfzüngige, 101-jährig verstorbene „Staberl“ Nimmerrichter hätte wohl geschrieben, dass sich ihm da die Faust im Sacke ballt. Normalerweise müsste das auch der für echten Sport und nicht für Keilerei zuständige Sportminister, von dem ich höre, dass ihn nicht einmal der heimische Tennis-Topstar bei einer TV-Zuspielung er- oder gekannt haben soll. Mehr ist dazu nicht zu sagen als der Satz: Wie die Faust aufs Aug´ des heimischen Sports.

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