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Langer WM-Schatten: Fromme Wünsche, raue Wirklichkeit, Kürze ohne Würze

Die Fußball-WM in Katar wirft lange Schatten. Nicht nur deshalb, weil sie mit oder ohne politische Scharmützel, Diskussionen oder Demonstrationen fast alles überwuchert. Kaum scheiden sich zumindest einige Geister an der Regenbogen-Schleife, kaum haben die Scheichs sogar Ja und Amen zu einem Regenbogenzelt neben den Stadien gesagt, schon schaut man den Iran-Kickern im wahrsten Sinn des Wortes aufs Maul. Ob Drohungen der Mullahs in der Heimat wegen oder nur so interpretiert – anders als vor dem 2:6-Debakel gegen England waren die Fußball-Perser diesmal keine Hymnen-Muffel, sondern sangen sie zum Auftakt aus voller Brust, ehe sie in der 9-Minuten-Nachspielzeit unseren Quali-Bezwinger Wales samt Superstar Gareth Bale schockierten.

Rot für den Waliser Tormann nach diesem Foul – und schwerer Schlag für den walisischen Superstar Gareth Bale.

Soweit zu der Gepflogenheit, aus einer Pleite schon die nächste zu schließen, wie es ja vor dem Match fast alle auch aus Iran-Antipathie getan oder zumindest erhofft hatten. Aber Fußball hat eben seine eigenen Gesetze und auch viel mehr Anziehungskraft, als irrtümlicher Weise jene Glauben machen wollen, die unentwegt lauthals zum Boykott aufrufen. Und weil zwischen manch Wünschen und der mehr oder weniger rauen, aber doch sportlichen Wirklichkeit ein großer Unterschied besteht, müssen die Abfahrer um Olympiasieger Mayer und Weltmeister Kriechmayr im kanadischen Lake Louise des Abends in ORF 2 ein Phantom-Rennen gegen das Anglo-Amerikanische WM-Duell von Katar in ORF 1 bestreiten. Gut möglich, dass diese zeitgleichen Events eine ganz andere Form von „Umschaltspiel“ erfordern oder erzwingen, nicht wahr.

Daviscupfinale: Vor Reform ein Hit, jetzt ein Zuschauer-Flop. Präsidenten Niessl & Pajek mit Josef Kocsi.

Was aber soll da ein ehemaliger, zur Unkenntlichkeit reformierter Klassiker wie der Daviscup im Tennis sagen, von dem im neuen Format außer Insidern ja so gut wie niemand Notiz nimmt – seit die Hausherren in Malaga nur noch Hausmeister, also ausgeschieden sind, wohl nicht einmal mehr die in ihrem Stolz verletzten Spanier! Ja, was waren das einst für historische Finalduelle von zwei Teams mit epischen Marathon-Schlagabtäuschen zwischen dem Titelverteidiger oder Herausforderer, mit Heimvorteil und Publikumsecho voll Emotionen und Sentimentalitäten. Aus und vorbei, schnipp-schnapp dem TV-Diktat geopfert. Aber in dieser Form samt Format gibt´s trotz Kürze kaum Würze …

Ganz zu schweigen von den Kurzbahnmeisterschaften der Schwimmer in der Arena Nova zu Wr. Neustadt, die irgend- bis nirgendwo Wellen schlagen, nicht nur deshalb, weil der Kurzbahnweltmeister und EM-Dritte Felix Auböck zugunsten der Langbahn-WM 2023 auf einen Abstecher aus England in die Heimat verzichtet. Wie gesagt, es herrschte mediale Ebbe im Countdown zu diesen Meisterschaften, es sei denn, man hat einen Blick in die Homepage des Verbandes riskiert. Dort hab´ ich zu meiner Freude gesehen, dass der mir seit mehr einem halben Jahrhundert bestens bekannte Altmeister Josef Kocsi (75) für seine zahlreichen Rekorde, Titel und Medaillen in seiner Altersklasse bei Masters-Welt- und Europameisterschaften zu Recht als Vorbild ausgezeichnet wurde, dass Sport bis ins hohe Alter fit hält.

Und wenn man dann die Ehrung noch dazu vom eigenen Cousin erhält, dann ist das natürlich noch schöner. Der Vetter heißt übrigens Hans Niessl, war Landeshäuptling im Burgenland und ist inzwischen im auch schon gesetzten Alter der Präsident von Sport Austria. So lang ich den Namensvetter Josef kenne, so sehr ich seine späten Erfolge schätze – für mich als alten Knochen hätte sich im Countdown und als Werbung für diese Meisterschaft eher eine Auszeichnung für den aktuellen Juniorenweltmeister und Triple-Medaillengewinner Luka Mladenovic aus Salzburg angeboten. Er verkörpert nämlich die Zukunft als Medaillenhoffnung bei Olympia, WM und EM bei den Männern in den besten Schwimmerjahren…

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