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His Masters Voice: Wie einen Beethoven gab´s auch einen Pele nur einmal!

Man war seit Tagen auf Schlimmste gefasst. Man war darauf vorbereitet. Und doch hat´s mich persönlich getroffen. Edson Arantes do Nascimento, vier Namen zusammengefasst ins Kürzel Pele, ist tot. Der vielleicht beste und berühmteste Fußballer aller Zeiten, der dreifache Weltmeister, der mehr Tore als jeder andere geschossen hat, exakt 1301 in 1390 Spielen, der mehr Matches gewonnen hat als jeder andere, hat jetzt 82jährig den langen Kampf gegen den Krebs verloren. Was ihn überlebt, das ist sein Mythos. Pele, Fußballkönig aus Santos in Brasilien, der Samba mit dem Ball und seinen Gegnern tanzte, der es aber als Gottgläubiger nicht hören wollte, als Fußballgott verehrt zu werden.

Pele hat mich von Bubenbeinen an begleitet und begeistert. Österreichs in der Vorrunde gescheitertem WM-Team in Schweden 1958 blieb der Teenager erspart. Pele war erst 17 und acht Monate, als ihn der brasilianische Teamchef Vicente Feola als Geheimwaffe auspackte, um vom Viertelfinale bis zum ersten Titelgewinn (2 Tore zum 5:2 gegen Schweden im Finale) die Fußballwelt im Sturm zu erobern. Pele auf den Schultern der anderen, Freudentränen in den Augen. Bilder, die für mich noch heute allgegenwärtig sind.

Es war der erste von drei WM-Titeln, die ihm gutgeschrieben werden. Allerdings hat er nur zwei Endspielen den Stempel aufdrücken dürfen, nach 1958 erst wieder beim legendären 4:1 gegen Italien in Mexiko City, dem Finale furioso seiner Teamkarriere. 1i962 in Chile hatte Pele ein Muskelfaserriss nach dem zweiten Spiel außer Gefecht gesetzt. Und 1966 in England wurde er im entscheidenden Vorrundenduell von den Portugiesen geradezu brutal gejagt und schließlich verletzt vom Platz getragen. Mit ihm schied auch der Titelverteidiger aus.

Das sind Fakten, die überall zum Nachlesen sind. Ich kann voll Stolz mit Fug und Recht behaupten, dass ich als kleiner „Presse“-Journalist aus Wien den nicht nur zu dieser Zeit wohl Allergrößten der Szene persönlich und menschlich hab´ kennenlernen dürfen – in New York, eigentlich in New Jersey, wo das Giant Stadium steht, wo er damals für New York Cosmos spielte. Alles eingefädelt und vermittelt von meinen alten Freund Karl Hofer, damals großer Hotelmanager – und Freund von Pele und dessen Mentor, Mediziner, Manager-Freund Dr. Julio Mazzei! „Willst a Interview mit´m Pele ham?“ Willst mich häkeln, Karl?“ „Na, wetten, dass er´s macht?“ Versprochen und gehalten. Anderntags ging´s ab ins Giant Stadium zum Cosmos-Training.

Um zu dokumentieren, dass ich mit Pele oder er mit mir spricht, hab´ ich einen Fotografen (UPI) engagiert. Training vorbei, kein Fotograf. Telefonat im Sekretariat mit UPI: „Mister Paul ist unterwegs!“ Cosmos-Team ist weg, Pele aber, frisch geduscht und umgezogen, vertreibt sich mit dem Wiener die Wartezeit mit „Gaberln“ und Elferschießen ins leere Tor! Unglaublich, aber wahr! Dann kommt Paul, macht Fotos, mein Interview beim Kick ist im geistigen Kastl. Titel der „Presse“-Story? Ein plakativer, impressiver Pele-Satz: „Es gab auch nur einen Beethoven!“ Dass ich vom gemeinsamen Foto weggeschnitten wurde von einem netten Kollegen, gehört zu den medialen Treppenwitzen, die man erst erfinden muss. Im Blog ist eines der aufbewahrten Fotos als Doku, dass stimmt, was geschrieben, auch dabei. Und in meinem Anekdotenbuch (Auf d´Badehosn passt ka Sponsor, Titel in Neufassung: Legendär) mit Weltstars nachzulesen…

Teenager-Wunder Pele in Stockholm 1958, mit Metzger im Giant Stadium in Montur und mit Ball, und WM-Triumph 1970 in Mexiko.

Ich hab´ Pele danach noch mehrmals getroffen. 1979 in Beaulieu sur Mer an der Riviera, wo er wegen des Pele-Films zwischen als Cannes-Festspielen und Monaco-GP pendelte – und mich beim Spaziergang von der anderen Stra0enseite grüßte. 1986 war´s nicht mehr möglich, ihn in Mexiko (WM 86) zu kontaktieren, da war er von grimmigen, kahlköpfigen Bodyguards umringt, er konnte kaum winken, weil er verdeckt war. Erst 13 Jahre später, als unsereins mit Hupo Neuper im Vorfeld des World Sports Awards of the Century nach Amsterdam düsten, hab´ ich ihn wieder getroffen. Und Pele hat entwaffnend gemeint: „Damals war dein Schnurrbart um einiges dicker und größer!“

Pele, der Spielmacher, der Einfädler, der Antreiber und der Torjäger, war ein Weltstar vom alten (Hand)Schlag, also aus einer Zeit, wo es noch Weltstars zum Anfassen geben durfte, ohne dass sie PR-Agenten und Security abgeschirmt hätten. Einer wie Sailer, Schranz, Klammer, Moser-Pröll, Lauda, Berger und Co. Und weil er aus einer inzwischen Epoche kam, in der inzwischen überkommene ungeschriebene Regeln und Gesetze herrschten, hat der an Talent, Titeln  und Tresoren reiche Fußballkönig brasilianischer Prägung die Heimat und seinen Stammklub FC Santos (1956  1974) erst im Herbst der Karriere verlassen, um mit dem eigenen Bankkonto auch den Stellenwert seines und unseren Fußballs im Football-Land aufzubessern.

Ich war dabei, als er 1977 im Giant Stadium verabschiedet wurde – auch von Kaiser Franz, dem Beckenbauer, von Carlos Alberto und Trainer Eddie Firmani, dem italenischen Südafrikaner. Von 70.000 Fans, darunter Zigtausenden US-Amerikanern, die ihm zujubelten, dem wichtigsten  aller Fu0nallpioniere in den Vereinigten Staaten.  Jetzt ist der Jubel verstummt. Aber trotz Maradona, trotz Messi möchte ich in Abwandlung seines Spruches über das Komponistengenie Beethoven sagen und schreiben: Es gab auch nur einen Pele. Als Fiu0ballkölnig und als königlichen Menschen!

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