Roger Federer hört auf seinen Körper und damit auf. Somit auch alles Roger, oder was? Mitnichten! Wie das seit eineinhalb Jahren immer wieder angekündigte und dann abgesagte Comeback wird´s auch ein Rücktritt auf Raten. Wäre ja auch zu schade gewesen, würde sich Federer nicht bei dem von ihm ins Leben gerufenen Laver-Cup, bei dem es in einigen Tagen nur um so was wie die goldene Ananas geht, sozusagen spielend in den Ruhestand verabschieden. Noch einmal also Maestro, ehe endgültig Schluss ist nach den vielen Verletzungen und (Knie-)Operationen, von denen sich Federer trotz aller Anstrengungen als jetzt 41jähriger nicht mehr erholen konnte.
Wenn beim Baselbieter mit einem gemütlichen eidgenössischen Schnurrbartvater, einer südafrikanischen Mutter und einer Ehefrau mit slowakischen Wurzeln von einem Maestro die Rede ist, dann stimmt das auch im Vergleich mit den beiden anderen Granden, sprich: Nadal und Djokovic. Wer von diesen großen Drei oder gar jener Rod Laver, der in den 60er-Jahren vier Jahre ausgesperrt war und trotzdem zweimal den Jahres-Grand-Slam gewonnen hat, der beste aller Zeiten ist, das ist nur Spekulation oder Geschmackssache. Anders als die anderen aber war Federer nicht nur Tennisspieler, sondern hatte die Art und Weise, wie er mit der Leichtigkeit des Seins, ganz so als wär´s Schwerelosigkeit, die Tennisbälle schlug, nein: streichelte, etwas mit Tenniskunst zu tun.
Um ihn über Zahlen, Daten, Fakten hinweg (20 Grand-Slam-Titel, 103 Turniersiege und 320 Wochen lang Nr. 1) hzu skizzieren, hatte der polyglotte, weltoffene, blitzgescheite Schweizer etwas von einem Tennis-Künstler an sich, der selbst dann, wenn er vermeintlich aussichtslos scheinende Bälle erreichte, nie den Hauch an Eleganz verlor. Um wieder auf den Titel Maestro zu kommen, der ihm oft taxfrei verliehen wurde, so hatte Federer auch etwas von einem Dirigenten an und in sich, der Punkt für Punkt, Satz für Satz, Sieg für Sieg die Einsätze dirigierte. Ein Maestro seiner Zunft, bei dem so vieles so spielerisch wirkte, hinter dessen Schlägen und Erfolgen aber nicht nur beinharte Arbeit am und im Tennis steckte, sondern auch ein Verwandlungskünstler, der zwei, drei Jahre benötigte, um das Kind im Manne, das junge, ungeduldige Zornbinkerl auszutreiben und durch den gefestigten Twen zu ersetzen.
Ich erinnere mich an ein Interview anno 2003, das Roger in der Stadthalle ein knappes halbes Jahr nach dem erstens seiner acht Wimbledonsiege gab. Damals gestand er, „dass ich zwar schon in jungen Jahren so gut wie jeden Schlag benerrscht habe, aber erst lernen musste, wann ich welchen Schlag auspack´!“ Weil Federer das Talent besaß, seine spielerischen Talente um diese Qualität zu erweitern und zu perfektionieren, wurde aus ihm einer der besten, erfolgreichsten, beliebtesten und populärsten Tennisspieler aller Zeiten. Und wenn über kurz oder lang auch seine größten Rivalen seinem Beispiel folgen und abtreten, dann endet eine 20jährige Ära, die einzigartig war und wohl auch für immer so bleiben wird. Eine Ära der nimmermüden Kämpfer a la Nadal oder eines um Perfektion ringenden Djokovic, der Roger Federer gleichsam als hohes C der Tenniskomposition seinen eigenen, unverwechselbaren Stempel aufgedrückt hat. Adieu Maestro. Und all the best ins Familiennest.