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Nachruf auf Uns Uwe, bei dem Torjäger Seeler und deutsche Seele eins waren

Es waren private Gründe, die mich gestern Abend gehindert haben, aktuelle Themen bzw. ein trauriges Kapitel aufzugreifen und anzupacken. Nein, nicht nur das verhinderte Sommermärchen unserer Fußballfrauen, das mit einem Slapstick-K.o.-Tor im Viertelfinale gegen die nicht nur glücklicheren, sondern auch besseren Deutschen endete. Jenen deutschen Frauen, die als Tribut an eines der ganz großen deutschen Fu0balklidole einen Trauerflor trugen. Am Tag, als sie mit dem 2:0 im Schwesternduell gegen Rotweißrot ins Euro-Semifinale einzogen, war mit Uwe Seeler, dem einstigen Mittelstürmer und Torjäger, nicht nur die größte aller HSV-Ikonen im 85. Lebensjahr verstorben, sondern auch ein Fußballstar vom alten Schlag. Einer, der als Teenager den Himmel gestürmt und dem Inter-Mailand mit Trainer-Legende Helenio Herrera die Türen, sich dabei aber auch den Schädel eingerannt hatte. HSV, Hamburg, Heimat waren dem Hanseaten stets wichtiger als Millionenangebote. 

 

Selbst als deutscher Meister und (durch Wembley-Tor womöglich betrogener?) Vize-Weltmeister, erst als Wunderkind (mit HSV-Alter-Ego Klaus Stürmer, früh verstorben), dann mehrmals als deutscher Fußballer des Jahres, übte das Vor- und Kriegskind nebenbei auch (s)einen Beruf als Sportartikelverkäufer aus, der im Auto seine Kundenrunden drehte. Wie die Walter-Brüder Fritz und Ottmar, weltmeisterliche 54er-Helden von Bern, so personifizierte auch das Vor- und Kriegskind Seeler den Wiederaufstieg Deutschlands aus Schutt und Asche zumindest vorerst als sportliche Groß- und Weltmacht. Und Seeler verkörperte wie mit und nach ihm auch Beckenbauer, der bayrische Kaiser Franz, die Symbiose von nimmermüder Kampfkraft und unglaublicher Effizienz, aber auch die Metamorphose vom kleinen Mann zu einer nationalen wie internationalem Größe von Weltformat. Seeler reflektierte nicht nur den HSV und die Hansestadt, in ihm spiegelten sich nationale Identität und deutsche Tugend, Tüchtigkeit und Erfolg. Seeler und deutsche Seele waren eins. Auch verbal. Uns Uwe!

Ja, so wurde er genannt, beschrieben, gelobt, geliebt und auch noch zum 80er geehrt. Und so geht er auch in die Geschichte ein. Ein Star ohne Starallüren. Einer von uns, der sogar mit eigenen Worten betonte, dass nichts schöner, besser, angenehmer sei als Normalität. Uns Uwe und der inzwischen ganz normale Wahnsinn, der im Fußball längst Regie führt, hatten miteinander nichts (mehr) zu tun. Vereinstreue. Kameradschaftsdienst. Deutsche Vaterlandsliebe, alles Eigenschaften aus Zeiten, in denen einer wie Uns Uwe Seeler nur einen Klub, ein Nationalteam und gemeinsame, kampfbereite Freunde kannte. Kaiser Franz, der Beckenbauer, der noch ein Jung-Twen war im 66er-Wembley-Jahr, hätte den Fußballmenschen Seeler mit einem Wort nicht treffender skizzieren können. „Sozialarbeiter, ja Sozialarbeiter auf dem Feld, in und für die Mannschaft, das war er.“ Uns Uwe. Einer für alle. Alle für einen. In unvergesslichen Erinnerungen lebt er weiter. Auch für Witwe Ilka, drei Töchter und Enkel.

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