Metzger.Live

Rückblick mit Wehmut: Als Kitzbühel von Laver über Vilas bis Sampras noch Alpen-Monte Carlo im Tennis war

Der Final Countdown läuft, am Samstag beginnen die Generali Open in Kitzbühel mit der Qualifikation, die etwa dem Vorjahrsfinalisten, dem Austro-Kroaten Filip Misolic, dank einer Wildcard erspart bleibt. Mit ihm, Sebastian Ofner und Dominic Thiem, den sein Ranking (91) bei Nennschluss noch ins Hauptfeld half, ist ohne mögliche Qualifikanten auf jeden Fall ein rotweißrotes Trio beim heimischen Sandplatz-Klassiker dabei, ganz abgesehen davon, dass im Doppel die überraschenden Vorjahrssieger Erler und Miedler heuer als Nummer 1 in die Titelverteidigung steigen. Alle genannten Spieler haben zuletzt mit weiteren Siegen (Ofner, Misolic) oder dem Ende eines Negativlaufs (Thiem in Umag) sowohl Werbung für Kitzbühel gemacht als auch Selbstvertrauen für das Heimturnier in einer Höhenlage getankt, an die sich auch Routiniers anpassen müssen. Ganz zu schweigen von jungen Himmelstürmern, die Lehrgeld zahlen. Wie ein gewisser Carlos Alcaraz, der 2021 kam, sah und gleich verlor. Ein Jahr darauf gewann er die US-Open in New York …

Sind wir froh, dass es dieses Traditionsturnier noch immer oder wieder gibt, das ja vor eineinhalb Jahrzehnten schon totgesagt, aber wiederbelebt worden war. Mit dem Spanier Bautista Agut, mit dem Serben Kecmanovic und mit Dominic Thiem, der 26 Jahre nach Muster (und 10 Jahre nach Melzers Finaleinzug) als Lokalmatador einen Heimtriumph feiern konnte, sind heuer drei Kitzbühel-Sieger im inzwischen buchstäblich steinalten Stadion zu Füßen des gräflichen Lamberg-Schlosses Kaps mit dabei. Inklusive des seit zwei Jahren krisengeschüttelten Ex-Grand-Slam-Siegers Thiem ist es, um der schon gar nicht in Kitzbühel gern gehörten Wahrheit die Ehre zu geben, nur untere Spitzen- und gehobene Mittelklasse, die sich zu Füßen der Streif ein Stelldichein auf Sand gibt, ehe es ab auf Hartplätze in Nordamerika geht.

Kitzbühel und Tennis, das ist für die Sommerurlauber vor Ort und in der Umgebung natürlich noch immer ein abwechslungsreicher Magnet mit ein bisschen Lokalpatriotismus und deutscher Anhängerschaft, die nicht zu unterschätzen ist, auch wenn es nach dem 85er-Skandal keinen Becker und seit 2015 auch keinen Zwerew mehr zu sehen gibt. Also ist´s inzwischen eher so etwas wie ein Event geworden mit einem Hauch an Vorschuss zum ebenfalls traditionellen Jahrmarkt, bei dem Sehen und Gesehen werden von mehr Snobiety als Society dazugehören.

Rod Laver beim Praxmair-Toni in einer illustren Runde, Vilas mit Caroline von Monaco und die Down-Under-Starparade.

Das wurde mir und einer ehemaligen heimischen Tennisgröße kürzlich bewusst, als uns der emeritierte Sportgroßhändler und alte Freund Klaus von Rohrer die SW-Fotos aus den Zeiten des Alpenländer-Cups und Head-Cups (70der-Jahre) zeigte, auf denen die damals berühmtesten Spieler und bis heute noch Allzeitgrößen abgebildet waren, die da hießen: Rod „The Rocket“ Laver, Lewis Hoad, Ken Rosewall, alle aus Australien, die mit Sailer, Klaus und dem Praxmaier-Schuhplattler Toni, Molterer, Hinterseer und Leitner abends nicht nur fachsimpelten.

Und Wolfgang Leitner, jetzt Pressechef des Hahnenkammrennens, gehörte in den 70er-Jahren zum Ballbuben-Team, als sich Altmeister Kary mit Weltstars wie Jan Kodes‚ Wimbledonsieger) duellierte, als Kitz-Rekord-Sieger Guillermo Vilas am Lebenberg mit Herzblatt Caroline von Monaco im Helikopter hereinsegelte, als der viel zu früh verstorbene Vitas Gerulaitis gewann oder der schöne Römer Adriano Panatta siegte –  bis hin zu Pete Sampras, der im Olympia-Countdown 1992 (Barcelona) mit Aufschlag-Volley triumphierte.

Ein Jahr nach Sampras siegte Muster in Kitzbühel, wo sich  einst Topstars (Beckenbauer, Gerulaitis, Hinterseer, Borg) tummelten.

Die Frage, die sich angesichts dessen stellt, dass ja die roten Bullen und ihr Servus-TV das Zepter in Kitz auch im Tennis schwingen, lautet zumindest für mich als Durch-und-durch-Kitzbühel-Freak: Sollte das im Sport immer mächtigere Dosen-Imperium nicht doch etwas tiefer in die Tasche greifen, um mit einem Millionen-Deal ein besseres Jahrmarkt-Turnier wieder in ein tolles Event zu verwandeln, das Kitzbühel auch im Sommer zum Monte Carlo der Alpen und den Nabel der Tenniswelt macht? Der Kitzbüheler Ski-Club, das wage ich zu behaupten, würd´ sich nie und nimmer damit begnügen, den Hahnenkamm-Welthit nur noch als ein x-beliebiges Rennen von Europacupformat mit ein paar haöbwegs bekannten Läufern als Zugnummern zu veranstalten. Schade darum, dass sich Kitzbühel mit Tiriac oder Tausendsassa Ion mit der Gamsstadt zerkracht hat. Und es keinen „Schwierigen“ mehr gibt wie die kleine Größe Küchenmeister…

Die mobile Version verlassen