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Skilegende Annemarie Moser-Pröll wird 70: Born der Normalität, Testimonial für Junggebliebene

Nicht zu glauben, aber wahr, wenn man sie persönlich trifft. Oder wenn man im ORF Sport plus verfolgt, wie sie bei „Fit aktiv für Junggebliebene“ alle Übungen von Heidi Sykora mitmacht.  Ja, Annemarie Moser-Pröll, die Skisportlerin des 20. Jahrhunderts, feiert Montag, 27. März, ihren siebzigsten Geburtstag. 70 und eher leise im Vergleich zu anderen SportlerInnen, die nicht einmal einen Bruchteil dessen gewonnen haben, was die Annemarie aus Kleinarl trotz einer zweijährigen Rennpause alles gewonnen hat. Man sagt zwar zu Recht, dass man sportliche Epochen so wenig vergleichen kann und darf wie Birnen und Äpfel, ich erlaube mir als sowieso abgestrafter Ewiggestriger daran zu erinnern, dass es zu Zeiten von einer blutjungen Pröll, dann mit Herbert Moser bis zu dessen frühen Tod verheiratet, noch keinen Super G gab und auch keine Super-Kombi, sondern eine aus Abfahrt und zwei Slalomläufen, also viel, viel schwieriger, dabei zu siegen.

Sie  selbst würde darüber kein Wort verlieren, weil´s für sie nicht der Rede wert wäre, in Hochrechnungen zu spekulieren, wie viele Weltcuprennen mehr sie wohl gewonnen hätte als die 62, die sechs großen Weltcupkugeln, die fünf WM-Titel (1974/78/80) und die Olympiagoldmedaille als krönenden Abschluss einer zwei Jahre (1975 – 1977) freiwillig unterbrochenen, fantastischen Karriere. Ganz im Gegenteil – schon zu Zeiten, als Lindsey Vonn ihr die Rekorde (ab) jagte und erst recht jetzt, da Míkaela Shiffrin in einer neuen Ära neue Dimensionen eröffnet hat, hat ihnen die Annemarie sogar die Daumen gedrückt, neue Maßstäbe zu setzen. Echte Größen kennen keinen Neid, weil sie Großartiges einschätzen können.

Was an dieser außergewöhnlichen Skisportlerin aber besonders beeindruckt, das ist diese unglaubliche Bodenständigkeit, Bescheidenheit und Verbundenheit mit alten Wegbegleitern ohne Anflug von Hochmut, Arroganz oder Wichtigtuerei. Sie war das Mädel von der Alm, das in den Spuren von Buben zur weltbesten Skiläuferin ihrer Zeit gefahren war – und sie blieb als Frau, Mutter, Großmama und Kleingastronomin immer und überall sich selbst treu. Natürlich. Ungekünstelt. Herzlich. Liebenswert, aber auch realistisch und resolut, wenn´s draufankommt. Alles Eigenschaften, die ihr geholfen haben, auch schwierige Situationen zu überwinden.

Bei ihrer Premiere auf höchster Ebene vor gut 55 Jahren in Badgastein war das Annamirl mehrmals gestürzt, war aber aufgestanden, um ins Ziel zu kommen. Als sie 1972 in Sapporo als Olympia-Favoritin nur zwei Silberne gewann, schlug sie als Doppelweltmeisterin 1974 zurück. Als sie bei ihrem Comeback 1977 ausgepumpt schien, kam sie als Doppelweltmeisterin 78 ebenso strahlend zurück, wie sie die olympische Vergangenheit dann mit der Goldenen von Lake Placid 1980 für immer bewältigte, um ein Leben nach der Karriere als Frau und Mutter zu starten, die sich statt um Ski und Sieg um Mann und Tochter Marion kümmerte.

Anders als andere, die ihr nie das Wasser reichen konnten, hat Annemarie auch nie vergessen, wer aller dabei geholfen hat, die Ski-Größe zu werden, die sie geworden ist, ob von Seiten des Ski-Verbandes, des Atomic-Skifabrikanten Alois Rohrmoser, der Trainer und all derer, die sie unterstützt haben. Darum auch hat sie, als die Me-too-Bewegung nicht nur medial überschwappte, sich auf die Füße gestellt, auch vor Gericht eindeutig ihre Meinung vertreten und klare Stellung bezogen. Obschon es da und dort in die falsche Kehle gerutscht war – auch diese Geradlinigkeit ist ein wichtiger Teil einer Persönlichkeit, die Skigeschichte(n) geschrieben hat. Inzwischen eine 70jährige, die von Kopf bis Fuß zum Testimonial für Junggebliebene geworden ist. All the best zum Fest ins Kleinarl-Nest.

PS: Zwei kaum bekannte, teils unveröffentlichte Kapitel über Annemarie zu Speckjause am Lake Mirror in Lake Placid und mit hohem Fieber zum sechsten Weltcupsieg in Aspen finden sich auch in meinem Anekdotenbuch „Legendär“ (zu bestellen unter metzger.josef@yahoo.de, Preis 19.90, unter Adressenangabe, aber auch als E-Buch-Format unter e-Mail-Adresse).

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