Wie ich aus jahrzehntelanger Erfahrung weiß, werden mir jetzt viele der alten Skifreunde wieder unterstellen, ein zu kritischer Negativist zu sein, der sich erlaubt, über sportliche Pleitegeier am Skigletscher zu schreiben. Ja, darf man das nicht (mehr), weil es natürlich weder ins Konzept der Sponsoren noch zum Image derer passt, die letztendlich das ausgedehnte statt eingedämmte Post-Hirscher-Debakel verantworten müssen. Ihr Motto lautet eher: Brav sein, Geduld haben, wird schon noch, wir sind ja nicht einmal noch im richtigen Winter, bis zu dem unsere „Helden“ dann, wenn´s um Abfahrtskönige geht, den anderen die Fersen zeigen können…
Lassen wir einmal solch euphorische Gedankenspielereien beiseite, von denen wir nicht wissen, ob sie tatsächlich kommen. Wie weitere Weltcuprennen, obschon wir Österreicher, sprich Sölden und Skiverband, :das sei nicht verhehlt, als Veranstalter immer noch das Nonplusultra sind, wenn es darum geht, Großereignisse mit oder ohne Event-Charakter, mit oder ohne Zuschauer (abgesehen von ein paar Dutzend an VIPS) aufzuziehen, dafür aber mit einem Platzsprecher, der angesichts fehlender Blasmusik und regional gefärbter Beifallssalven am lärmfreien Gletscher zum Lautsprecher wurde, der sogar die nicht immer (an Infos) sattelfesten TV-Kommentatoren übertönte.
Mag sein, dass es auch und vor allem nach dem Rücktritt von Marcel H. und Anna V. immer mehr bergab gegangen ist vor allem in den technischen Disziplinen, wo uns auch sogenannte Ski-Exoten inzwischen – manchmal mit Hilfe von Ösi-Trainern oder bei uns ausgebildeten Betreuern – davonfahren. Ja, zumindest im Riesenslalom haben wir mittlerweile die Position von Statisten eingenommen, was wohl damit zu tun hat, dass die ausgewachsenen Komparsen entweder in der Skischule ihr Einmaleins nicht gelernt haben oder vorzeitig von vermeintlichen Förderern derart verwöhnt wurden, dass das Sieger-Gen früherer Generationen eingeschlafen oder verkümmert ist.
Aber als Touristen-Paradies, für das allerdings die EU-Ampel derzeit auf Orange oder Rot steht, haben wir uns in Sölden in aller weißen Pracht so prächtig präsentiert, dass wir vielleicht irgendwann Ischgl und andere Unzukömmlichkeiten vergessen machen können. Schließlich läuft jetzt schon der Countdown für die nächste Heim-Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm. Und in fünf Jahren wird sich vielleicht doch ein neuer Maier, Hirscher oder Raich finden, der dann wieder die Schlagzeilen diktiert und wie bei Marcel gehabt lieber verschweigt, was dahinter falsch läuft. Wenn der Riesenslalom, wie man sagt die Kerndisziplin des Skirennlaufs ist, dann kann man angesichts des Sölden-Desasters nur sagen: Kein Apfel kann gut und genießbar sein, wenn er im Kern faul ist.
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