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Streif-Mythos lebt von Live is life – auch mit Horror-Stürzen

Wer ist der größte Gewinner des heutigen Skitages? Sorry, mit Crans-Montana und der Damen-Abfahrt kann ich nicht   dienen, obschon Sofia Goggia wirklich die allerbeste aller Abfahrerinnen geworden ist. Gender-Thema hin oder her – da können selbst Ski-Queens erst recht auf verkürzter Mickey-Mouse-Strecke nicht mit, wenn Kitzbühel ruft und dann noch hält, was der Streif-Mythos verspricht – auch ohne Fans! Na, das war doch was, oder? Der Föhn hat noch einiges dazu beigetragen, dass der brutalste aller Abfahrtsklassiker noch schneller, noch brutaler als sonst werden konnte, nein: noch gefährlicher, wie die Abflüge des US-Sieganwärters Ryan Cochran-Siegl in der Schrägfahrt zur Kompression und im Weitsprung vorm Ziel beim Schweizer Spätzünder Kryenbühl demonstrierten.

Wie sie wissen – Live is Life und durch nichts zu ersetzen, Hauptsache, die Einschaltquoten und im Follow-Up-Effekt die Auflagenzahlen passen. Und Kitzbühel enttäuschte weder die TV-Produzenten, TV-Regisseure noch all jene TV-Zuschauer, die darauf warten, dass ihre Sensationslust auch beim größten Nervenkitzel der Ski-Szene befriedigt wird. Welch spektakuläre Bilder, welch atemberaubende Stürze, welch ein Pendeln zwischen Bangen und Hoffen, dass alles doch nur halb so schlimm ist und ausgeht, wie man es im ersten Moment schon hatte befürchten müssen. Ullr, der Skigott, hat runtergeschaut und die Stoßgebete der Kitzbüheler erhört, dass der Horror-Sturz des Schweizers Kryenbühl doch nicht solch Folgen hatte wie vor mehr als zehn Jahren beim Landsmann-Doppelweltmeister Daniel Albrecht, der damals wie im Jahr davor der US-Ami Macartney dem Tod gerade noch von der Schaufel gesprungen war.

Gut ist´s ´gangen, zum Glück ist wie durch ein Skiwunder fast nix g´schehen, trotz der vielen, langen, mit unübersehbarer Sponsorenwerbung statt O-Tönen und Interviews überstandenen Unterbrechungen konnte das Rennen zu Ende gefahren und in die Weltcup-Wertung genommen werden – als Lauberhorn-Abfahrt am Hahnenkamm mit dem Schweizer Sieger Feuz, der erstmals auf der Streif triumphierte! Ein Puzzle, wie gebastelt. Den Gestürzten wünschen von den Kitz-Veranstaltern über die Ösi- TV-Moderatoren bis zu den Home-Office-Konsumenten alle nur gute Besserung bis schnellstes Vergessen zu dem, was ihnen passiert ist. Sie können, nein; müssen das das aus gutem Grund, aus ehrlicher Erleichterung und doch besten Wissens um die europa- bis weltweit maximale Werbung für das Monte Carlo der Alpen und den – zu Recht – immer höher gewerteten und dementsprechend – zu Recht – unbezahlbaren Streif-Mythos auch tun.

Ja, was wäre Kitz ohne Himmelstürme, noch mehr ohne Horrorstürze und Schreckensszenarien a la Stemmle, Gattermaier, Ortlieb, Brooker, Macarthny, Albrecht, Grugger, Cochran-Siegle, Kryenbühl, bis endlich Entwarnung kommt. Das weite Grenzen überschreitende PR-Feedback für die weitreichende Skiregion ist einerseits sowohl eine kleine Entschädigung für die Riesenverluste, die Kitzbühel in Kauf nahm, um überhaupt den Klassiker auf die Skier zu stellen. Zum anderen aber so etwas wie ein kleiner Vorschuss auf das nächste Jahr, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass 2022 die Uhren wieder anders oder so gehen wie früher. Der Streif-Mythos aber überlebt sicher, ob mit oder ohne Fans. Denn Live is Life. Auch aus TV-Perspektive.

 

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