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Sucht nach Superlativ treibt schmerzloses Schindluder mit Begriffen wie Historisch usw.

Ehe Rapid in der neuen Conference League das Rückspiel in Holland gegen Vitesse Arnheim bestritt, habe ich höchst optimistische Stimmen gehört. Und dazu passend die Aussage von Neo-Trainer Feldhofer gelesen, dass seine Mannschaft die „historische Chance“ zum Aufstieg ins Achtelfinale hätte. So was mag sich zwar gut und plakativ anhören, ich selbst aber kann mich nur wundern, was daran Historisches sein soll, wenn man sich in der dritten Europacup-Ebene unter die letzten Sechzehn kämpft. Ja, es war anno 1985 zumindest für den heimischen Rekordmeister klubhistorisch, als er sich mit Krankl, Panenka, Weber und Co als zweiter österreichischer Verein nach der Wiener Austria erstmals für ein Europacup-Finale qualifizierte – übrigens für ein Endspiel im Pokal der Pokalsieger, der damals zweiten Ebene, in Holland (Rotterdam)!

Historisch, um bei Rapid zu bleiben, wäre noch viel früher, nämlich 1956, der 3:1-Heimsieg gegen den Meistercup-Titelverteidiger Real-Madrid in Wien gewesen oder geworden, hätte es damals nach dem 2:4 in Madrid die inzwischen wieder abgeschaffte Auswärtstor-Regel gegeben und kein drittes, gegen gutes Geld nach Madrid (0:2) verkauftes Match, mit dem Rapid dann ausschied statt aufzusteigen. Nichtsdestotrotz wurde damals von jenem Paris-Heimkehrer Ernst Happel im Praterstadion, das jetzt seinen Namen trägt, (s)eine Geschichte geschrieben – als Stopper, der an diesem Tag alle drei Rapid-Tore (2 Freistöße, 1 Elfer) schoss. Was damals verpasst worden war, das schaffte dann Grünweiß 1967 mit dem 1:2 (Tor Bjerregaard) nach 1:0 in Wien (schon Auswärtstorregel) unter Interimscoach Karl Decker. Soweit zu historischen Spielen, Spielern und Toren. Ich finde, dass in der unaufhaltsamen, aber mitunter unerträglichen Sucht nach Superlativen hier immer wieder Schindluder mit Begriffen betrieben wird, die dabei verzerrt, verdreht oder verhunzt werden.

Und was für das Wörtchen historisch gilt, das trifft ja auch immer öfter auf Rekorde zu, die sich bei näherer Betrachtung bestenfalls als „Mini-Rekorderln“ entpuppen. Wie aktuell bei Rafael, wo klotzig ein toller persönlicher Rekord des Grand-Slam-Rekordsiegers hinausposaunt wird. Wie, wo, wann, womit hat sich der vielleicht größte Tennis-Fighter aller Zeiten jetzt sozusagen selbst übertroffen? Kaum zu glauben, aber (für)wahr – Rafael Nadal hat heuer 12 Spiele in Folge gewonnen, eines mehr als vordem, wobei ich nicht weiß, ob er vielleicht in anderen Jahren bis zu diesem Zeitpunkt nur zwei und nicht drei Turniere gespielt hat.

Wenn man so will, dann lässt sich ja demnächst hoffentlich nicht, aber wenn´s blöd läuft, vielleicht doch ein Negativ-Rekord bei Dominic Thiem vermelden, dass er – ganz ohne Spiel – so tief wie noch nie im Ranking zurückgefallen ist. Kommt halt immer auf die Perspektive an, wer für wen womit irgendwelche Rekorde, auch wenn sie noch so absurd, surreal, verdreht oder sonst was sind, aus dem Ärmel beutelt. Was das betrifft, so bin ich schon gespannt, wo und wann ich auch in dieser Hinsicht einem historischen Gipfel begegne…

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