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Thiems Klasse, den Overdrive einzuschalten

afp

Es hat trotz des ersten 61-Minuten-Satzes doch nicht sehr lange gedauert, dann stand der von Match zu Match bessere Dominic Thiem nach 2:15-Stunden im Achtelfinale von Roland Garros. Beim 6:4, 6:3, 6:1 gegen den zähen, aber letztlich doch limitierten Norweger Casper Ruud kehrte der US-Open-Sieger den Champion hervor – nicht nur mit dem Dreisatzsieg, der körperliche Kraft und mentale Energie zu sparen half, sondern vor allem damit, dass er die besten Bälle bei den heikelsten Phasen und wichtigsten Punkten schlug.

Und zu den Attributen, die Champions auszeichnen, gehört eben die Eigenschaft, sich von Anfang an mit dem Können des Gegners zu steigern. Oder anders gesagt: Thiem hat gelernt und versteht es, sein Niveau immer wieder stufenweise anzuheben, sich aber nichtsdestotrotz Luft und Potenzial nach oben aufzuheben für den Fall der Fälle, was kommen könnte. Im Duell mit Ruud gewann man nach anfänglichem Hin und Her bald den Eindruck, der sich schlussendlich bestätigte und nicht täuschte: Während der Norweger quasi am Anschlag spielte und kämpfte, war es stets nur eine Frage der Zeit wie der Situation, bis der Alleskönner Thiem den Schalter umlegte, um den Overdrive einzulegen.

Eben das ist es, was in einer Zwei- und/oder sogar Mehrklassengesellschaft des (Tennis-)Sports die zweifellos Guten von den Besten und Allerbesten trennt, zu denen Dominic Thiem als eine Art Anti-Muster wie sein Vorgänger bzw. Pionier als Grand-Slam-Sieger und „Tominator“ ja längst gehört. Auch wenn man sich ein Aufeinandertreffen mit dem dreimaligen Grand-Slam-Sieger Stan the Man Wawrinka gewünscht hätte – das Achtelfinalduell mit dem jungen, unbekümmerten, aber schlagkräftigen Franzosen Gaston, der den Welschschweizer entzauberte und eliminierte, verspricht zumindest auf dem Papier interessant zu werden. Allerdings ist Thiem bei weitem nicht so fehleranfällig wie  Stan, der an diesem Freitag nicht the Man“ war, sondern eher der Schatten seiner selbst.

Wer Dominic hingegen in den ersten drei Runden der French Open – frei nach Bobele Becker – in seinem Pariser Wohnzimmer erlebt hat, der ist überzeugt davon, dass der gereifte, inzwischen 27-Jährge Weltranglistendritte der mit Abstand beste Thiem ist, den es je gab. Und der sich, weil gerade von Abstand die Rede ist, sich mit enthusiasmierten Fans gefüllte, ausverkaufte Arenen eher verdient hätte als Tribünen, auf denen sich wenige Zuschauer verlaufen und der Applaus folglich im Nirgendwo verhallt. Aber was in Corona-Zeiten wie diesen nicht ist, kann ja angesichts des immer noch jungen  Thiem-Alters irgendwann doch noch, besser: bald wieder kommen…

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