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Toni, schau obi: In Wembley wurde schon einmal Außenseiter-Geschichte geschrieben

Morgen, 26. Juni 2021, 21 Uhr, ist´s so weit. Es geht für Österreichs Fußballteam gegen den viermaligen Weltmeister Italien in London um alles oder nichts, also Ausscheiden, Kofferpacken, Heimfliegen oder Kofferpacken, Weiterspielen. Ging´s hach der leidigen Papierform, die immer wieder von den Statistik-Aposteln präsentiert wird, dann wär´s für die Italiener leichtes Spiel in Wembley. Bisher gab´s in sechs WM- und EM-Duellen nur ein winziges Pünktchen, und das just in Rom, aber fünf Niederlagen mit einer Tordifferenz von vier zu neun. Ganz zu schweigen von der aktuellen Bilanz, in der die Squadra Azzurra nach 30 Spielen ohne Niederlage, mehr als 1000 Minuten ohne Gegentor und drei EM-Siegen in drei EM-Spielen, Tordifferenz 7:0, natürlich haushoher Favorit ist. Aber weil von haushoch die Rede ist, wie heißt´s so schön? Im Fußball sind immer wieder sogenannte „Hausherren“ g´storben, gerade dann, wenn sie sich zu sicher fühlten, weil sowieso alles für sie gesprochen hatte.

Tormann Donnarumma, der die Null verteidigt, und stürmer Immobile, der für Tore bürgt.

Diese Anmerkung ist keineswegs so etwas wie ein rotweißroter Strohhalm, zu dem die Foda-Truppe greifen muss, dahintersteckt auch die von ganz wenigen Ausnahmen (etwa Türkei) bestätigte Regel, dass optimierte Taktik, dass durch verbesserte Kondition, mehr als gesunde Härte verbunden mit strikter Spieldisziplin der Unterschied zwischen den vermeintlich unüberwindlichen Großen und den widerstandskräftigen Kleinen immer geringer, die Ausgeglichenheit aber immer größer wird. Und Arnie hin, Alaba her, zuletzt auch Grillitsch oder Baumgartner – wo sind sie über patriotische Euphorie hinaus, die Megastars, die ihren Teams den Stempel aufdrücken, sieht man einmal von Ronaldo (4 der 5 Tore aus Elfern) und phasenweise dem pfeilschnellen Mwappe ab?

Was der gute Berti Vogts einst als Teamchef der deutschen Europameister 1996 (vorher) gesagt hat, hat sich inzwischen sozusagen allerorten eingebürgert: der Star ist die Mannschaft, sonst würden ja nicht von Match zu Match immer andere Spieler hochgejubelt und abgefeiert werden. Und das gilt, wenn sie mich fragen, auch für die vorweg bis voreilig zu großen Euro-Favoriten gestempelten Italienern, zu deren Topstars neben Tormann Donnarumma unter anderen auch Torjäger Immobile gehört, der vor einigen Jahren als Lewandowski-Ersatz von Dortmund geholt und nach einem Jahr von den Borussen wieder ausgemustert und in die Heimat geschickt worden war.

Als Siegschütze gegen Ukraine gefeierter Baumgartner, als Wembley-Toni legendärer Fritsch.

Es ist der hohe Durchschnitt, der die bisher überdurchschnittliche Bilanz der Squadra Azzurra ausgemacht hat. Wenn´s den Österreichern gelingt, diesen Schnitt durch mutiges Pressing und couragierten Einsatz auf ein Mittelmaß zu drücken, dann … dann können Träume auch Wirklichkeit werden. Zur Erinnerung sei zudem angemerkt, dass (das alte und altehrwürdige) Wembley schon einmal ein historischer Boden für Österreichs Nationalteam war – damals, als der unvergessene Wembley-Toni Fritsch (+2005) anno 1965 mit seinen beiden Toren zum 3:2 dem einstigen Lehrmeister und späteren Weltmeister (1966) die erst dritte Heimniederlage nach Ungarn und Schweden zufügte. Und damals hatte noch viel, viel weniger für die zuvor gebeutelten Österreicher gesprochen als jetzt. Man muss keinen Strohhalm, sondern die Chance beim Schopf packen. Nichts ist ausgeschlossen, alles möglich. Wie immer in Memoriam Toni ein neuer Fritsch  auch heißen mag… 

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