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Pionier Kary kehrt 55 Jahre nach Daviscupsieg an „Tatort“ Edinburgh zurück

Heute ist ein ganz besonderer Tag, was das österreichische Tennis und seinen Verband betrifft. Warum eigentlich, so werden Sie, geneigte Blog-Leser, sich fragen? Hat Comeback-Kid Ofner eine Rom-Sensation geliefert oder eine unserer Nachwuchshoffnungen wie Thilo Behrmann bei den Junioren zugeschlagen? Mitnichten, werte Tennisfreunde! In Zeiten vieler Rückblicke, aber auch Premieren sei daran erinnert, dass am 9. Mai 1970, also vor genau 55 Jahren, die Geburtsstunde des Profitennis in Österreich geschlagen hat – in Schottland beim Daviscup gegen Großbritannien, aber nicht auf Rasen wie befürchtet, sondern auf Sand, den die Briten in ihrer Arroganz gegen das vermeintliche Kanonenfutter namens Austria gewählt und auch auf den einen oder anderen der gerade erst wieder am Turniertennis zugelassenen Profis verzichtet hatten…

Sie hatten die (falsche) Rechnung ohne den gerade 21-jährigen Kärntner Hans Kary gemacht, der am 9. Mai beim Gleichstand von 2:2 in einem umnebelten, aber sportlich einseitigen Duell den in Leeds geborenen, aber in Schottland aufgewachsenen John Clifton mit 6:3, 6:2, 6:4 schlug – so eindeutig, wie er zum Auftakt (7. Mai) die englische Nummer 1, Gerald Battrick, mit 7:5, 6:3, 6:1 abserviert hatte. Und damit nicht nur das damals stolze Tennis-Kingdom, sondern auch die als TV-Kommentator verblüffte Briten-Ikone Fred Perry zum legendären Ausruf im Nebel von Edinburgh veranlasste: „Wer ist dieser Österreicher? Ich kann ihn kaum sehen!“ Trotzdem hätten die Kary-Siege nicht gereicht, hätte nicht der später jahrelang als Senioren-Champion aktive Grazer Peter Pokorny mit seinem Sieg gegen Clifton sein Scherflein zum unerwarteten Triumph beigetragen.

Hans Kary mit Freund Jürgen Schmidt, Unternehmer und Austria-Funktionär, der ihn zur Spurensuche der Vergangenheit nach Schottland /edinburgh, St. Andrews einlud.

Er wirkte damals wie ein Magnet, um erstens in Zeiten der Hochkonjunktur und steigenden Wohlstands aus dem elitärem Zirkel einer betuchten Klasse mit Kasse den Volkssport Tennis zu machen. Und mit dem ersten 100%- Professional aus Kärnten, der um die Welt tingelte, den Teilzeit- in einen Spitzensport verwandelte, von dem der Pionier und Trendsetter Kary auch dank weiterer, Schlagzeilen trächtiger Sensationen vom Tennis leben konnte.

Darunter Erfolge gegen Grand-Slam-Sieger, Weltranglistenerste und Top-10-Stars a la Stan Smith, Ilie Nastase, Adriano Panatta, Zjelko Franulovic, Jose Luis Clerc, Francois Jauffet,  Corrado Barrazutti, Paolo Bertolucci, Christian Kuhnke, Wilhelm Bungert, Harold Solomon, Eddie Dibbs etc. gut leben konnte. Unterm Strich kann man ohne freundschaftliche Übertreibung sagen, dass es ohne diesen Kärntner Ballbuben in Radenthein vielleicht keinen Peter Feigl als direkten Gegner gegeben, ohne Hans und Peter vielleicht nie jenes Südstadt-Tenniszentrum entstanden wäre,  aus dem Muster und Skoff, dazu Antonitsch und später die Bresnik-Schüler von Koubek bis Thiem gekommen sind.

Seit gestern hat sich für Kary übrigens fast schicksalhaft der Kreis geschlossen, weil er gegen Unkostenbeitrag zu einer Golfreise nach St. Andrews im Norden Schottlands eingeladen wurde. Und dabei auch einen Seitensprung zum Lawn Club in Edinburgh machen will und kann. Als „Täter“, der  an den „Tatort“ zurückkehrt, wo alles so richtig begonnen hat.

Umso verwunderlicher, dass der Tennisverband mit seinen tollen Beziehungen es nicht geschafft hat, seinem inzwischen 76jährigen, immer noch oder wieder mit Managerfreunden spielenden Profi-Pionier, Wegbereiter und an Single-Bilanz zweibesten Daviscupspieler Österreichs eine bundesstaatliche Auszeichnung zukommen zu lassen. Blamabel.

PS. Unsereins hat nicht auf das große Natur- und Allroundtalent Fredi Huber vergessen, der vor Kary zweifellos das Potenzial dazu gehabt hätte, Tennis zu verändern. Leider blieb´s beim Konjunktiv, da sich der „rote Fredl“  als Alleskönner zwischen Tennis und Eishockey, Fußball und Casino fatale so verzettelte, dass er viel weniger erreichte, als in ihm steckte.

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