Ich bin geschockt. Bestürzt. Fassungslos. Nie wäre mir in den Sinn gekommen, dass über Nacht geschehen könnte, was passiert ist. Mich hat´s fast vom Sessel geworfen, als mir unser gemeinsamer Freund Johann K., von Emotionen gebeutelt, telefonisch die für uns alle unvorstellbare Schreckensnachricht überbrachte: Skender ist tot!
Unser Skender, zu dem wir zwar respektvoll Doktor sagten, der für uns aber weniger der Anwalt war, viel und weit mehr der jahrzehntelange Freund, Weggefährte, Schrittmacher, Ratgeber, Geschäftspartner und Sportliebhaber, mit dem wir über manch sportliche wie gesellschaftliche Auffassungsunterschiede viele oder fast nur Gemeinsamkeiten hatten. Schon von unserer Zeit in humanistischen Gymnasien und Journalistischen Tätigkeit her, die Skender im Studium ausübte. Ein hochgebildeter Sportfreak, vielen Sätteln gerecht, in vielen Fächern versiert.
Und seit Jahren auch bei und mit TV-Abenden in der Marriott Champions Bar dabei, wo sich der allzu schlanke 83-jährige fast täglich mit mir und einem in die Jahre gekommenen Sport-Freundeskreis traf. Und bevor er nach dem täglichen Fitness-Training kam, da hatte er fast wie in einem Ritual in Erinnerung an einen verballhornten Spruch des einstigen Rapid-Machers Grassi stets gefragt: „Sepp, findest du heute statt? Und ab wann?“
Dann wurde, manchmal begleitet von grünweißen Seitenhieben gegen Andersdenkende, gefachsimpelt oder auch nur gewitzelt und pro forma um des Kaisers Bart gestritten. Zuletzt beim vermeintlichen Diätapostel im krebskranken Doktor bei immer weniger kräftiger Nahrung und höchstens einem Glaserl Rotwein.
Ja, wir waren, da muss man sich nicht genieren, so etwas wie eine Runde sportlicher (Fußball)-Blutsbrüder an einem für uns reservierten Tisch, an dem nun einer der wichtigsten Menschen als freundschaftlicher Bezugsunkt für immer fehlen wird. Ja, der Skender, unser Doktor, lebt nicht mehr. Einer, der für viele zwar eine schillernde Figur war mit albanischen Wurzeln seines Vaters, der in Wien sesshaft und Primarius geworden war.
Aber für alle, die Skender wirklich gut und näher kannten, mehr als nur ein Rechtsfreund oder ein fußballverrückter Rapid-Funktionär, der vor gut 30 Jahren quasi Opfer seiner (Aktien)-Visionen von einem europäischen Spitzenklub wurde.
Am Marriott-Stammtisch mit Wolfii Ruiner und Sepp M, als Trio triumphal mit Hans und Toni.
Viel von dem, was man ihm nachsagte, hat so überhaupt nicht gestimmt. Und fast alle, die sich ihm als Anwaltsfreund anvertrauten, hielten ihm über Jahrzehnte die Treue. Wie Hans Krankl. Wie Toni Polster. Wie andere, denen er als polyglotter Manager-Jurist die Schienen zu Verträgen mit großen oder gar Traumklub legte wie Barcelona, Inter, Roma, Torino, Porto usw.
Mit vielen Vereinspräsidenten und Geschäftsführern stand er auf Du und Du – im Gegensatz zu manch Neidgenossen im eigenen Land, die ihn vor fast 30 Jahren als Persona non grata sogar auf die Anklagebank gesetzt hatten, wozu man nur sagen kann: Oh du mein Österreich!
Unser Doktor, der Skender, hat Geister geschieden, daran kommt man nicht herum Aber er war nicht nur Jurist, später nicht nur eine große Nummer im Immobilien-Business, sondern auch mit beiden Beinen auf dem Boden des Alltages und der alltäglichen Freundschaften, auch wenn es die einst von ihm aus der Taufe gehobene Hobby-Fußballtruppe nicht mehr mit ihm als Mitspieler gegeben hatte.
Welch Ironie des Schicksals oder so etwas wie unbewusster Wink mit dem Zaunpfahl, wenn nicht sogar bewusster Hinweis auf die Vergangenheit, dass Skender vor wenige Wochen jenen Ex-Rapidler Kurt Scherr an unseren Tisch lud, für den er vor 50 Jahren einen Prozess gewonnen und damit die Basis für einen noch viel prominenteren Klienten-Kreis gelegt hatte.
Zu diesem Anlass ließ Skender in der üblichen Runde auch mit vielen Schnurren, die es heute so nicht mehr geben würde, die Vergangenheit aufleben. Erinnerungen an ein Gestern und Vorgestern mit ihm und mit seinen besten Freunden, zu denen auch ich mich zählen durfte. Mir bleibt dem Albaner, aus dem ein strammer Wiener Katholik wurde, nur der dankbare Nachruf übrig: Vergelt´s Gott, Skender, R. I, P.

