Es schien seit Jahren wie verhext. International oft vorn dabei, aber nie ganz vorn bei den Tages- oder Etappenklassikern. Zweimal Top-Ten im Giro. Dritter der Tour de Suisse. Heuer schon Dritter und Zweiter in der Tour de France. Aber jetzt hat Patrick Konrad als 29jähriger die Vergangenheit mit seinem Solo-Sieg in der 16. Etappe triumphal bewältigt – und ist damit auch endgültig aus dem Schatten seines LA-Papas Wolfgang Konrad, einem der Väter des Wien-Marathons, getreten.
Jawohl, getreten, weil er am Tag, als er vom Bora-Hansgrohe-Team grünes Licht bekommen hatte, mit energischen Antritten alle anderen Gegner abschüttelte. Sieger in Tour-Etappen, das gehört immer noch zu den größten Großtaten eines Radrennfahrers. Und vor Konrad hat das einst in den Zwischenkriegs- und Pionierzeiten der legendäre Max Bulla dreimal (+ 2 Vuelta-Etappen) geschafft und in der Neuzeit nur der Zillertaler Georg Totschnig vor 16 Jahren – ein Erfolg, der damals mit dem Titel als Sportler des Jahres honoriert wurde, was immer kritische Geister darüber denken. Oder über Konrads Triumph, mit dem der Ex-Wiener und Neo-Niederösterreicher mit Tiroler Wurzeln die este seiner Endstationen Sehnsucht erreichte.
Sei wie es sei, es ist wie es ist. Eine tolle Leistung in Zeiten wie diesen, in denen es zwar einige Topstars in der Profi-Szene gibt, damit sie aber auch wirklich top sein können, muss der wahre Star die Mannschaft sein, die sich für ihn aufopfert. Als Realist, der weiß, was er könnte, aber auch weiß, dass er sich gegen gute Gagen mitunter höherer (auch deutscher) Räson unterordnen muss, ist Konrad in den heikelsten Etappen und heißesten Phasen in die Domestiken-Rolle für den ihm als Kapitän vorgezogenen Wilco Keldermann geschlüpft. Jetzt hat er den Lohn der harten Arbeit als einer der wichtigsten und stärksten Helfershelfer kassieren dürfen in Form des für ihn ersten, historischen Tour- und Auslands-Tagessieg.
Und damit nicht nur eine weitere österreichische Tour-de-France-Geschichte geschrieben, sondern sich vielleicht auch einen Vorschuss auf eine künftige Rolle als Team-Leader in einem der Klassiker und da am liebsten in der großen Schleife gesichert. Gemessen an großen Kapazundern weit über 30 oder gar jenseits der 40 wie Exweltmeister Valverde ist Patrick Konrad ja noch ein Jüngling, dem die besten Jahre erst bevorstehen. Der erste internationale Triumph könnte ja ein Signal für den Staatsmeister sein, was mit neuem Selbstbewusstsein alles möglich ist in der großen Radsportwelt, die er spätestens am Ziel in St. Gaudens endgültig erobert hat. Und zu der jetzt auch er gehört. Keiner sollt´s besser wissen als Vorgänger Totschnig, der auch lange für Jan Ullrich in die Pedale treten musste, bis er sein eigener Herr wurde. Und in den Pyrenäen als Solosieger a la Konrad jubeln durfte…