Die Erwartungshaltung war groß, die Spannung zu spüren, die Champions Bar im Vienna Marriott bis zum letzten Platz gefüllt, sogar Gäste mussten vom Servierpersonal weggeschickt werden. Kurzum, es herrschte High-Noon-Stimmung am Samstagabend vor den zahlreichen TV-Schirmen, als der ultimative deutsche Schlager in der Allianz-Arena von München zwischen dem FC Bayern München und BVB, also Borussia Dortmund, angepfiffen wurde.
Aber kaum begonnen, schon waren die Hoffnungen zerronnen, die Gelbschwarzen mit ihrem Superstar Haaland könnten den Bayern ein Bein stellen. Just der Multimillionen-Mann verjuxte die einzige Chance in der Anfangsphase, ehe die Münchner durch einen Tausend-Gulden-Schuss von Gnabry in Führung gingen und sie nach einem (wegen Hauch an Abseits aberkannten) zweiten Gnabry-Tor durch den Treff-immer-Atout-Lewandowski ausbauten. Am Ende siegten die Bayern nicht nur ziemlich locker und klar mit 3:1, sondern holten den zehnten Rekord-Titel in Folge, ihr urbajuwarisches Aushängeschild Thomas Müller feierte gar schon seine elfte Meisterschaft!
Andersrum gesagt: Wer immer dort in der letzten Dekade als Trainer regierte, ob Hitzfeld, Guardiola, Ancelotti, Kovac, Flick oder nun Julian Nagelsmann, die mit Abstand beste und höhere Qualität des Kaders gab und gibt, von Ausrutschern wie etwa ein 0:5 im Cup gegen M´Gladbach abgesehen, a la longue stets den Ausschlag für den darum auch Serienmeister. Dass diese ziemlich eklatante Dominanz im Lande allerdings auch und vor allem den deutschen Medien vorgaukelte, die Bayern wären so gut wie Nummer 1 in Europa, erwies sich als Trugschluss und Bumerang. Nicht in einem Match, in dem – siehe Gladbach-Pleite – immer wieder alles möglich ist, ob so oder so, sondern in zwei Duellen mit dem spanischen Kleinhäusler Villarreal zog das Starensemble nämlich den Kürzeren, ganz zu schweigen von den Borussen aus dem Kohlenpott, die schon in der Gruppenphase ihre schwarzen Tage mit dem frühen K. o. erlebt hatten.
Und nichtsdestotrotz sind sowohl der Rekordmeister als auch der letzte Ex-Meister der Konkurrenz auf lange Sicht um Längen und nicht nur eine Nase voran, was wiederum der deutschen Bundesliga kein gutes Zeugnis im Wettlauf mit England, Spanien oder auch Paris SG ausstellt. Angesichts dessen, dass die Bayern schon 12 Punkte oder vier Siege vor dem BVB liegen und die Borussen wieder acht Zähler vor dem Dritten (Leverkusen), das zeigt, dass es sich beim Fußball-Nachbarn ganz oben um eine Dreiklassengesellschaft handelt, was die Qualität der Klubs betrifft, nicht aber das Nationalteam, das auf Legionäre bei Millionen- oder Topklubs zurückgreifen kann.
Trotz der überlegenen Bayern, die mit wem auch immer als Betreuer alle Jahre wieder zu einem Titelsolo ansetzen, das mittlerweile auch zu einer rotweißroten Messlatte für die Salzburg-Bullen geworden ist, wäre es den federführenden deutschen Fußballfunktionären nie eingefallen, die Punkte nach dem Herbst zu halbieren, damit das Frühjahr wieder richtig spannend wird. Was diesen Unsinn wider jede sportliche Fairness betrifft, haben wir Österreicher allerdings ein Alleinstellungsmerkmal – und das sogar schon ein zweites Mal, weil ja doppelt bekanntlich besser hält.
Trotz halbierter Zähler haben die Bullen die Konkurrenz aus allen Bundesländern wieder auf die Hörner genommen. Und nur sie sind noch besser, noch stärker, noch international interessanter geworden, weil sie sich Jahr für Jahr aus dem systematisch bestens ausgebildeten Nachwuchs aus allen Kontinenten selbst versorgen. Das wieder verdient rotz halber Punkte doppelte Anerkennung. Auch wenn die immer wieder Besiegten darob frustriert sind…