Ehe auf zwei Beinen durch Wien nicht nur Marathon, sondern auch die Halbscheit und andere Strecken gegen Wind und Kälte gelaufen wurde, wurde uns der Japan-Formel-1-Grand-Prix auf vier Rädern schon frühmorgens im Fernsehen serviert, wobei sich Kommentator und Experten nur so überschlugen an plakativen Lobeshymnen für den viermaligen Weltmeister und nun einzigartigen viermaligen Suzuka-Sieger Max Verstappen, der ja – bescheiden wie wir sind – als Marko-Vertrauter ja sowieso schon mehr als unser Mann im Dosen-Reich denn als holländischer Gastarbeiter betrachtet wird, da können noch so viele Oranje-Fahnen wehen.
Nach eher alarmierend-durchwachsenen Saisonstart ist der stramme Max (Honda zu Ehren im Honda-Land im Honda-Kleid am Auto und Honda-Overall am Leib) wieder dort gelandet, wo er seit Jahren thronte – an der Spitze des Klassements, während der für den offensichtlich überschätzten Rookie Liam Lawson eingewechselte japanische Lokalmatador Tsunoda nach Fahrfehlern im Qualifying als punkteloser Zwölfter eine ähnlich nebensächliche Rolle spielte wie deer mit Golden Handshake zum Jahresende verabschiedete Mexikaner Checo Perez, der zu Beginn noch mit Rennsiegen auf Augenhöhe mit dem Superman auf vier Rädern gewesen war. Interessante Entwicklungen, wenn und wie sich Wege scheiden.
Natürlich war und ist der enttäuschte bis erzürnte Papa Perez Partei, nichtsdestotrotz sollte man seine kritischen Anmerkungen zum Red-Bull-Rennstall zumindest ins Kalkül ziehen. Wie immer wieder kolportiert wird im Fernsehen wie in einschlägigen Medien, wollen ja just die renommiertesten Fabrikanten-Teams den Weltmeister mit Wahnsinnsgagen unbedingt vom Dosen-Imperium ins automobile Reich holen, was aber bisher nie gelungen ist, weil der Lenkrad-Wunderwuzzi und Bleifußindianer bisher gegen die verrücktesten Verlockungen quasi immun war.
Und jetzt wohl erst recht, seit man bei den Bullen-Chefingenieuren im „kleinen Fenster“ auch ohne das abgesprungenen Designer-Genie Newey das alte, beste Setup für Verstappen gefunden hat, während der vermeintlich abgeworbene, abgewanderte Adrian N. bei Aston Martin trotz Alonso im Dunkeln tappt – und auch der Siebenfach-Champion Lewis Hamilton trotz eines Sprintsieges mit folgender Disqualifikationen samt Rennenttäuschungen vorderhand sein Geld offenbar als Entwickler des Boliden nicht wert ist.
Bevor wir aber in solch Details abdriften, zu denen auch die Frage gehört, warum es in dem sonst so laut auf Konkurrenzkampf getrimmten Formel-1-Zirkus im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten und auch zur US-Indy-Car-Serie (Firestone nützt die japanische Bridgestone-Academy als Entwickler) nur noch eine, an Umsatz weit schwächere Reifenmarke (Pirelli) verwendet wird, sollte ebenso thematisiert werden wie Reifenwechsel, die mit ein paar Sekundenbruchteilen auf oder ab auch rennentscheidend sein können…
Da ich rotz meiner mehr als 100 GP-Berichterstattungen samt Hinweisen unter der Hand rund um die halbe Welt zu Lauda- und Berger-Zeiten sowieso als Schwurbler betrachtet werde, so möchte ich dennoch den Verdacht artikulieren, dass die großen Autofabrikanten und Motorenerzeuger es irgendwie langsam nicht mehr verdauen und verkraften können und wollen, dass ihnen ein Branchenfremder trotz Milliardenaufwandes (und das in diesen Zeiten, in denen gefordert wird, allerorten auf die Bremse zu treten und den Gürtel enger zu schnallen) sozusagen auch mit Konstrukteurs-WM-Titeln sie Butter vom Brot nimmt.
Darum bin ich schon gespannt, ob und wie es der neue zweite Mann zum alles überragenden Champ Verstappen schafft, mit ihm auf Augenhöhe zu sein, um wie in besten alten Zeiten von Perez lauter Doppelsiege oder zumindest doppelte Podestplätze zu holen. Zum Gaudium vieler Bullen-Fans und zum Entsetzen der Herausforderer, die sich schon auf der Überholspur gewähnt hatten. Und das vom Temporausch immer noch gepackte Fan-Fußvolk jubelt, als wäre alles beim alten. Brot und Spiele lassen grüßen.