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Verlorenes Euro-Duell zählt nichts gegen gewonnenes Menschenleben

Nicht nur die Euro 2021, nein: die ganze Fußballwelt hatte den Atem angehalten, als der dänische Inter-Legionär Christian Eriksen beim Duell in Kopenhagen gegen Finnland mitten im Laufen kollabiert war und –umringt von Mit- und Gegenspielern, die einen Schutzkordon bildeten, wiederbelebt werden musste. Als man sah, wie Kollegen schon das Kreuz schlugen, die Ehefrau Eriksens in die Arme nahmen und dann gesenkter Häupter zum vermeintlichen Spielabbruch in die Kabine trotteten, fürchtete man schon das Allerschlimmste. Aber der bitterste aller Kelche ging gottlob vorüber. Und als beide Mannschaften nach der längerem Spielunterbrechung wieder aufs Feld kamen, als es Entwarnung aus dem Krankenhaus gab, dass Eriksen den Kampf um sein Leben gewonnen hatte und sogar wieder wach war, ließ der Schreck schneller als gedacht wieder nach.

Gut möglich, dass er trotz allem den Dänen noch in den Knochen saß, denn ohne ihren Spielmacher Eriksen fehlte eine ordnende, kreative Kraft, die endlosen Ballbesitz auch in wirklich herausgespielte Torchancen hätte ummünzen können. Und so geschah, was in solchen Fällen nicht immer, aber vor allem gegen körperlich kräftige, kopfballstarke und taktisch konsequente Defensivkünstler halt leicht passiert, dass nämlich das ungeschriebene Gesetz in Kraft tritt, das da lautet: Tore, die man nicht schießt, die kriegt man dann.

 

Es war tatsächlich die erste, wirklich gefährliche Angriffsaktion der Finnen gewesen, die der ehemalige HSV-Legionär Pohjanpalo mit einem scharfen Kopfball-Aufsitzer aus kürzester Distanz gegen den unglücklich reagierenden Kasper Schmeichel zum 1:0 für den Außenseiter gegen den Euro-Mitfavoriten nützte. Was immer die zwar engagierten Dänen versuchten, sie waren bestenfalls eine Pappversion von Danish Dynamite. Sie gipfelte letztlich noch darin, dass der Tottenham-Mittelfeldmotor Hoejbjerg einen obendrein mehr geschenkten denn gerechtfertigten Elfmeter dem finnischen Leverkusen-Legionär mit slowakischen Wurzeln, Tormann Hradecky, fast in die Hände schoss.

Und je weniger Zeit blieb, umso hektischer, umso unkontrollierter, umso mehr mit Gewalt wollten die Dänen den finnischen Riegel knacken. Schließlich lief die Spiel-Uhr ab und die Euro 2021 hatte statt einer Tragödie unfassbaren Ausmaßes nur ihre erste echte sportliche Überraschung. Aber was ist schon ein 0:1 in einem nordischen Fußballduell, selbst dann, wenn man ein Heimspiel in Kopenhagen vor enttäuschten Fans verliert, wenn im Gegenzug ein von vielen schon verloren geglaubtes Menschenleben zurückgewonnen wird. Nicht mehr als ein Nichts. Viel, viel wichtiger, dass das Herz des 29-jährigen Christian Eriksen wieder schlägt statt einem verschossenen Elfer und ein oder drei Punkten nachzutrauen. Anderes ist nach einer vermeintlichen Katastrophe, die sich nach dem aktuellen Stand der Dinge fast in ein Wunder verwandelt hat, auch nicht mehr dazu zu sagen. Punktum. Euro, kannst aufatmen.

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