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Vom großen Winner Sinner und zwei Seelen, die in einer Brust wohnen

Angesichts des zweiten Grand-Slam-Triumphes von Jannik Sinner darf ich als winzig kleiner Schreiberling den zeitlosen Klassiker-Giganten Goethe zitieren: Zwei Seelen, ach, in meiner Brust! Da ist der Inbegriff eines 23jährigen Sympathikus aus Sexten in den Dolomiten mit natürlicher Ausstrahlung und einem kraftvollen, aber manchmal auch listigen Tennis, vor dem man den Hut ziehen muss. Dort aber wiederum und durchaus verständlich, dass manch anderen Topathleten nicht nur unter den (womöglich  aus ähnlichen Gründen suspendierten) Tennisstars der Hut hochgeht, wenn sie hören, wie seine beiden positiven Dopingtests im März sozusagen heimlich still und leise vorbei an offiziellen Sportinstanzen durch einen gerichtlichen Persilschein in London zu den Akten gelegt wurden.

Wie die Blog-Leser wissen, erinnert die keineswegs salbungsvolle Sinner-Doping-Causa mit den kontaminierten Masseurfingern an die legendäre Zahnpasta-Story des deutschen 5000m-Olympioniken Baumann, der sich noch dazu unter homerischen Mediengelächter nicht mehr wirklich freiputzen konnte. Und so erhebt sich schon des Nachnamens des ersten italienischen und für uns erst recht Südtiroler US-Open-Siegers die Gretchen- oder doch Suggestivfrage: Ist Sinner mit Hintermännern ein (Doping)-Sünder und Schwindler? Oder trotz aller Ungereimtheiten  so wie er ausschaut auch ehrlicher Winner, der frei nach dem US-Slogan Winner Takes All zum zweiten Grand-Slam-Titel, sportlichen Lobeshymnen und Ehrenbekundungen auch noch 3,5 Millionen Euro brutto kassieren durfte?

Ja, ich bin gespannt, wie jetzt die Welt-Antidoping-Agentur (WADA) reagiert oder handelt, von der es ja vor den  US-Open geheißen hatte, sie würde den für viele undurchsichtigen Fall samt Persilschein noch eingehend untersuchen? Wie gesagt, auch in meiner Brust wohnen zwei Seelen und Schlagen zwei Herzen, weil der rotblonde Wuschelkopf an so was von einem Unschuldslamm aus dem Pustertal erinnert, dass man kaum glauben kann, dass in ihm ein schwarzes Schaf stecken könnte – oder eines, das ihm unversehens einmassiert oder sonst wie vermittelt worden sein könnte. Wenn ich mich daran erinnere, wie die Sportwelt samt Dopingjägern einst uns Österreicher(innen) pauschal so auf die Anklagebank gesetzt hat wie jetzt andere nicht gerade prowestlich orientierte Nationen, dann muss sich Sinner, Muttersprache Südtiroler Deutsch, dazu gratulieren, ein Italiener und inzwischen die Nummer 1 der Tenniswelt zu sein.

Ich kann mir nämlich kaum vorstellen, dass man es wagt, den Sinner wie einst Big Ben Johnson buchstäblich als Gottseibeiuns an den Pranger zu stellen oder gar im nachhinein die Siege und Titel wieder wegzunehmen, die er – wenn auch unter Generalverdacht – alle errungen hat. Eben diese Zwiespältigkeit bis Doppelzüngigkeit hinterlässt bei allem Genuss, wie gut Jannik Sinner spielt, nicht nur einen schalen Nachgeschmack, sondern die seufzende Erkenntnis von zwei Seelen, die in (m) einer Brust wohnen. Ubd das tut einem im Herzen weh!

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