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Von Angst vor Austria und Traum von einem Euro-Bestseller

Wir Österreicher haben das Negativ-Gesetz der Serie bei der Euro 2020/21 schon zweimal gebrochen mit dem ersten EM-Sieg und dem ersten Aufstieg ins Achtelfinale. Jetzt geht´s für Rotweißrot in London (sofern Corona das nicht ändert) darum, die Herzen der Italiener zu brechen, die sich bisher bei dieser Europameisterschaft als Mannschaft der Superlative erwiesen hat. Unschlagbar als leidenschaftliche Hymnen-Sänger, als steckte in jedem ein kleiner Pavarotti im Gegensatz zu unseren Gesangsmuffeln, die kaum den Mund aufbringen, wenn überhaupt. Und unantastbar sind die Italiener, was ihre unglaublichen sportlichen Bilanzen betrifft: 30 Spiele lang unbesiegt, mehr als 1000 Minuten schon ohne Gegentor, mit 7:0 Toren und 9 von 9 Punkten als Gruppensieger ins Achtelfinale eingezogen. Eindrucksvoll. Grandios. Verbunden mit allerlei Vorschüssen, wie wo was wann man dieser Squadra Azzurra von Teamchef Mancini alles noch zutrauen kann.

Was aber machen selbst die ansonsten eher leicht zu euphorisierenden Schreiber der Tages- und täglichen Sport-Zeitungen in Italien a la Gazzetta dello Sport, Tuttosport, Corriere dello Sport, La Stampa, Repubblica oder Corriere della Sera? Sie heben den Zeigefinger, um nach dem 1:0 gegen Ukraine vor uns zu warnen. Quintessenz: „Gegen Österreich wird´s kein Spaziergang. Die haben eine deutsche Mannschaft. Hütet euch davor, sie zu unterschätzen!“ Ja, so schnell kann´s gehen, wenn man selbst mit einem Minimal- statt Maximalsieg, der möglich gewesen wäre, hätte unser aller Arnie besser getroffen, vom Außenseiter zum Geheimtipp mutiert in guten 40 von 90 Minuten. Peripetie im Zeitraffer. Sinneswandel von einem Tag zum anderen dank Rollenwechsel von einem Match zum nächsten.

Ja, meine Blog-Freunde und Leser, weil im Sport im Allgemeinen und im Fußball im Besonderen auch die Regel gilt, dass man von einem Spiel mit einem Gegner nicht messerscharf aufs nächste Spiel mit einem anderen Gegner schließen kann. Oder kurz gesagt: Jedes Match hat seine eigenen Gesetze, die erst vom Spielverlauf geschrieben werden. Bilanzen, Statistiken, kleine Stars, große Namen – das alles ist nichts als Papier, in dem keine Tiger stecken. Da ein guter, dort ein schwächerer Tag, da ein Schuss mehr Glück, dort eine Portion an Pech, schon kann sich bei den kleinen Unterschieden alles ändern. Und darum kann und darf Österreichs Fußballteam auch glauben, dass es nicht nur eigenen Serien, sondern vielleicht auch Serien des favorisierten Gegners brechen kann. Dann wäre, wie es Goldtorschütze Christoph Baumgartner gesagt hat, nicht nur Geschichte geschrieben worden, sondern die Geschichte noch nicht aus. Würd´s gelingen, wär´s DER Bestseller.

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