Selten hab´ ich in mehr als 70 Jahren, die ich den Fußball jetzt schon begleite und verfolge, ein derart dramatisches, sich an Ereignissen überschlagendes Finale erlebt wie – nein: nicht nur in der Europa League, nicht nur im DFB-Pokal jeweils mit Elfmeter-Krimis, sondern ganz ohne Verlängerung im Fernduell zwischen Manchester City und dem FC Liverpool um den englischen Meistertitel. Erst schien alles für Citizens zu laufen, ehe Aston Villa mit zwei Toren vermeintlich die Tür für Guardiola zuzuschlagen drohte, während die Reds unter Klopp das Spiel gegen die „Wölfe“ vermeintlich gedreht hatten, ehe der Abseitspfiff das 2:1 annullierte.
Ja, wie hätten wohl die City-Milliarden-Scheichs reagiert, hätte Pep nach der Champions- auch noch die Premier League verspielt? Längst obsoleter Konjunktiv, weil Guardiola im Gegensatz zur Real-Madrid-Pleite diesmal ein goldenes Händchen bewies, den immer öfter ausrangierten Ilkay Gündogan (Jubelbild) als Captain einwechselte, der prompt den Anschlusstreffer und dazu noch das Siegestor zum 3:2 erzielte, das den vierten Titel für ManCity und Pep in fünf Jahren fixierte.
Eine Peripetie, wie sie kein noch so guter Dramatiker besser hätte schreiben können als das Schauspiel, das von 22 Fußballern auf zwei weit auseinanderliegenden und doch dank Elektronik miteinander verbundenen Bühnen inszeniert wurde. Da bedeutete für Liverpool und Jürgen Klopp der mühsam im Finish mehr erzwungene denn errungene 3:1-Pflichtsieg nur noch Balsam auf frische Wunden, weil ja selbst ein Schützenfest verlorene Liebesmüh´ geblieben wäre.
Während Klopp seinen Torjäger Salah tröstete, wurde beim Manchester-Platzsturm auch Villa-Goalie attackiert.
Und während in Manchester alle Dämme brachen, während Abertausende an Fans das Spielfeld stürmten, um mit der selbsternannten Trainer-Legende Guardiola auch seine inzwischen legendären Meisterspieler zu umjubeln, befindet sich sein großer und auch großartiger Widerpart Klopp jetzt in der schwierigen Lage, aus der sich Pep triumphal und triumphierend befreit hat. Sollte die deutsche Trainer-Ikone nach dem verpassten Titel auch das Finale der letzten Chance nicht gewinnen, sprich: Champions-League-Endspiel gegen Real-Madrid, dann stünde sie auf einmal mit leeren Händen da. Und dann könnte man bei allem Respekt vor einem und in Anspielung auf einen der erfolgreichsten Coaches nur sagen: Ja, so „bekloppt“ kann Fußball sein! Der ganz normale Wahnsinn, der dich in den Bann zog.
Wenn auch nur via Fernsehen, so kann ich in sportlicher Dankbarkeit behaupten, ein Augenzeuge von drei der spannendsten, atemberaubendsten Endspiele aller Zeiten gewesen zu sein, dem die finale TV-Konferenz mit dramatischer Überspitzung wahrlich die englische Krone aufgesetzt hat!