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Von Hurra-Patriotismus und Schönfärbereien, die an der Realität vorbeigehen

Auch wenn ich wie so oft als notorischer Nörgler, passionierter Pessimist und negativer Nestbeschmutzer kritisiert werden sollte – was vor allem von TV-Kollegen an euphorischem Hurra-Patriotismus und von Sportdirektoren in schönfärberischen Schalmeien-Tönen verkauft wird statt realer, analytischer Betrachtung, das grenzt schon an Schwindel. Auch wenn der Lask in der Conference League in einem turbulenten Finish gegen nur noch neun Mann von Slavia Prag mit 4:3 gewann, so war nach dem 1:4 in Prag auch beim Rückspiel in St. Pölten bis zum 1:3 ein Klasse-Unterschied unübersehbar gewesen.

Was den Fernseh-Kommentator aber bis in weit in die vorerst torlose, erste Hälfte nicht daran gehindert hatte, etwas davon zu faseln, dass es leider keine Auswärtstorregel mehr gibt, dem Lask also ein 3:0 nicht zum direkten Aufstieg, sondern nur zu einer Verlängerung reichen würde. Kaum gesagt, schon stand es 0:1. Und kaum war der Ausgleich gelungen, schon stand es 1:2 und 1:3, summa summarum also 2:7 gegen die mit Top-Legionären gesegneten Prager. Blöd gelaufen, so könnte man sagen. Dass im Nachhinein weiter munter drauflos spekuliert wurde, was hätte sein können, hätte der Lask das 1:1 in die Pause gerettet. Ja, wieder dieses Wörtchen wenn! Der Teufel soll´s endlich holen! Zum Glück gibt´s aber doch noch Konjunktiv-Muffel wie den realistischen Ex-Kicker, Mathematik-Lehrer und Analytiker Alfred Tatar, der unter das Wenn und Aber einen Schlussstrich zog mit der Schlussfolgerung: „Slavia ist eine Klasse besser!“

Toni Giger sind rechte und linke Hand (Riml, l. und Mitter) abhanden gekommen, der Lask ist siegreich ausgeschieden.

Szenenwechsel zum alpinen Weltcupfinale in Courchevel. Und apropos Mathematiker. Noch vor der finalen ÖSV-Niederlage gegen Schweiz B oder gar C im völlig überbewerteten Show-Rennen, dem Team-Parallel-Event mit gerade acht Ländern am Start, hatte der mathematisch geschulte Oberlehrer-Sportdirektor Toni Giger sinngemäß so formuliert: Unsere Ski-Damen würden nicht skitechnischer Mängel wegen so wenig gewinnen, sondern deshalb, weil die unglaublich starke Konkurrenz von Shiffrin über Vlhova, Goggia, Brignone, Gut und Gisin („Alles starke Persönlichkeiten!“) kaum zu biegen wäre. Ja, das nenne ich einmal eine Aussage. Die Skination Nr. 1 hätte also, so Giger, keine neuen (Sieg-)Kaliber im Talon. Sapperlot!

Auch dieser Konjunktiv, diesmal in die andere Richtung, das sei gestattet, scheint mir mehr als unzulässig. Wer, bitte schön, hat denn unsere jungen, in ihren Junioren- und Europacupzeiten zum Teil dominanten Damen daran gehindert, sich ebenso zu entwickeln wie die vordem genannten Gegnerinnen, die auch so begonnen hatten? Wo sind denn die Alternativen zu den wenigen Siegläufer(innen), die nur darauf lauern, in ihren Spuren wandeln zu können? Ich meine, dass da in den letzten zwei, drei Jahren einfach viele Fehler begangen wurden, für die auch jene, die Entscheidungsträger waren/sind, die Verantwortung übernehmen müssen und nicht mit der Bestellung von neuen Trainern so tun, als würden sie die Retter der Skination sein. Aber das ist ja nur deshalb möglich, weil statt kritischer Hinterfragung nur nette Gefälligkeitsinterviews gefragt sind. Höchste Zeit, dass sich Hurra-Patriotismus und Schönfärberei endlich aufhören, um die Konsequenzen aus realen Tatsachen zu ziehen …

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