Von Stars wie Lyles und Co samt Frage: Was bleibt ein Jahr vor Olympia von der Budapest-WM?
Josef Metzger
Die Leichtathletik-WM in der neuen Arena im Süden von Budapest, im Stadtteil Csepel, wo es einst eine bekannte Fu0ballmannschaft gab, ist so gut wie Geschichte. Was bleibt – einmal abgesehen vom kleineren Teil des schmucken Stadions, das auf 15.000 Zuschauer zurückgebaut wird – im Blick zurück auf diese Titelkämpfe in Erinnerung? Was uns Österreicher: Innen betrifft, so gab´s zwei medaillenlose Finalplätze mit dem doch unerwarteten fünften für Speerwerferin Victoria Hudson mit guten 62,92m und den doch eher enttäuschenden siebenten für Diskus-Star Lukas Weißhaidinger, der von einem 70m-Wurf geträumt hatte, aber am Tag der Tage über 65,54m nicht hinausgekommen war.
Alle anderen gaben zwar ihr Bestes, aber angesichts einer ohne viel Einzel-Weltrekorden in ihrer Leistungsdichte weltrekordverdächtigen Weltmeisterschaft nützten selbst persönliche Best- oder gute Zeiten so gut nichts, ganz zu schweigen, wenn solche weit verfehlt wurden. Im Grunde wurde die LA-WM im nahen Budapest wie die ferne Schwimm-WM in Fukuoka zum Spiegel unserer Leistungsfähigkeit in olympischen Grunddisziplinen, das können noch so gut bezahlte PR-Agenten oder noch so gut gesinnte Schreiber nicht schönfärben. Es sind, da dürfen wir uns nichts vorgaukeln. Es ist, wie es ist und nicht so, wie wir es lieber hätten. Knallharte Zahlen, Daten und Fakten lügen eben nicht. So schaut´s aus ein Jahr vor Olympia. Aus. Basta.
Die große oder sagen wir so: die größte Show zog der erste Sprint-Triple-Weltmeister seit Usain Bolt ab, sprich: Noah Lyles, der nach 100m (9,83) und 200m (19,51) auch mit der US-Sprintstaffel (4x100m) vor den sensationellen Italienern (mit Olympiasieger Jacobs mittendrin) triumphierte. Ein toller Sprinter, keine Frage, in seinen Versuchen, das große Idol mit allen möglichen Faxen, An- oder Aussagen bis zu Auftritten zu imitieren oder zu übertrumpfen, aber doch nur ein kleinerer, nicht ganz so mitreißender Abklatsch, die tollen, aber nicht einzigartigen Zeiten inbegriffen.
Merks Noah: Es gibt eben nur ein Original wie es auch nur eine Premiere gibt und keine zweite Uraufführung. Und dass statt der Süßkartoffel aus Jamaika, die den Bolt-Blitz jahrelang begleitet hatte, bei Lyles nur eine krankhafte, auch rassistisch gefärbte Depressionsstory die Runde macht, macht ihn nicht viel interessanter. Quintessenz aus meiner Sicht. Wer aus Bolts Schatten treten will, wird zunächst einmal wohl die Bolt-Weltrekorde schlagen müssen.
Es gab auch noch andere schillernde oder brillierende Figuren, ob es sich nun um die Sprintkanonen Richardson und Jackson handelte, die das Shelly-Anne Fraser-Pryce-Regiment beendeten, die kleine 400m-Größe Paulinho, den wieder unwiderstehlichen Carsten Warholm (400m Hürden), sein Oranje-Pendant Femke Bol, die Sturz-Folgen, Staffelgoldverlust und der Gegnerschaft auf und davonlief – und natürlich den amerikanischen Schweden Armand Duplantis, bei dem diesmal ausnahmsweise das WM- und Olympia-Motto: Hoch, höher, Weltrekord ausnahmsweise doch nicht aufging.
Kaum hatte der größte Stabhochsprung-Artist seit Sergej Bubka die Goldene schon im Sack, da scheiterte er bei großer Hitze an 6,23m, das sind gut eineinhalb bis zwei Stockwerke. Da kommen die Frauen nach der goldenen Isinbajeva-Ära nicht mit, obschon sie insgeheim für Furore sorgten, weil sich die Amerikanerin Moon und die australische Außenseiterin Kennedy mit 4,90m den Sieg teilten wie bei Olympia in Tokio die Hochspringer Barshim und Tamberi, jener aus einem operierten Achillessehnenriss und zweijähriger Pause gekommene Italiener, der diesmal allein Gold kassierte. Da komme noch einer und sage, unsere südlichen Nachbarn wären eher wehleidige Typen, die den Macho nur vorgaukeln…
Unseren östlichen ungarischen Nachbarn aber ist zu gratulieren, welch tolle Weltmeisterschaft sie da samt Schmuckkasten einer Arena hingestellt und organisiert haben, auch wenn es eine doch nicht allzu folgenschwere Kollision bei einem Athletentransport gab. Und das Lob gilt nicht nur geübten Funktonären mit ihrem geschulten Trupp an Freiwilligen, sondern auch den Abertausenden an ungarischen Fans, die schon zu heißen Vormittagsstunden die Arena bevölkerten – auch dann, wenn es für die Gastgeber außer im Hammerwurf (Bronze Halasz) wenig bis nichts zu gewinnen gab.
Aber unsere Nachbarn haben halt nicht nur ein Faible für ihre Volks- und Nationalsportarten (Fußball, Handball, Paddeln, Schwimmen), sie kennen sich auch deshalb im Weltsport aus, weil er ihnen vom Sportsender M4 immer wieder auch gezeigt wird, dür sie also Namen nicht nur Schall und Rauch sind. Und sie darum schon vorher wussten, dass es keinen Bolt mehr gibt, dafür aber Noah Lyles, der seine Spuren aufgenommen hat. Spuren, wie gesagt…