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Von Torlosigkeit zum dramatischen Furioso mit gallischer Metamorphose

Eine Stunde lang schien´s im Endspiel der Nation League, als könnte man die beiden Tore abmontieren, weil weder die Spanier noch die Franzosen so gut wie nie in ihre Nähe gekommen waren – oder gar nicht in die Nähe kommen wollten aus Angst vor einem Konter, der auf Neudeutsch ja inzwischen Umschaltspiel heißt. Auch und nicht nur ORF-Kommentatoren ergötzten sich an Kombinationen mit scharfem Passspiel und bester Technik auf engstem Raum, zu denen beide Topteams von ihren Trainern, Didier Deschamps da, Luis Henrique dort, schon aus und zum Selbstschutz gezwungen worden waren. Man war eigentlich schon eingestellt auf eine Nullnummer mit Verlängerung oder gar Elferschießen, ehe ein unnötiger Ballverlust samt Unaufmerksamkeit den Spaniern die Chance zu einem Tor öffnete, das sie auch zum 1:0 nützten.

Ein Treffer, der sozusagen Weckamin für ein Finale furioso dieses zuvor zwar hochklassigen, aber dramaturgisch blutarmen Endspiel war. Vor allem für den gallischen Hahn, der nicht Hahnrei bleiben wollte, sondern sich von einer Minute zur anderen aufplusterte, um zu zeigen, wie aggressiv er reagiert, wenn man ihm auf die Zehen steigt. Da ging ein Ruck durch das Weltmeisterteam wie schon nach dem 0:2 im Semifinale gegen Belgien. Da wurde aus Verteidigung als bester Angriff wieder, wie es einst hieß, der Angriff zur besten Verteidigung. Und mit dieser Metamorphose verwandelte sich auch der zuvor fast flügellahme Kylian Mbappe in die Angriffslustigkeit bester Tage und Zeiten.

Auch wenn sich über das 2:1 diskutieren ließ, es war imponierend, wie die Franzosen wiederum, ein Spiel umdrehten. Und dabei ertappte man sich bei der Frage: Ja, warum nicht früher, sondern erst nach Schreckschuss und einer Stunde? Und das Gleiche hat man auch über die Spanier sagen können, die erst am Ende, als ihnen die Zeit davonlief, alles in die Waagschale geworfen hatten, aber am fabelhaften (Tottenham-)Lloris im Tor gescheitert waren. Kurzum, es war nach einer Stunde des Museumsfußballs dann ein echtes packendes Fußballdrama, bei dem man bis zum Schlusspfiff nicht wusste, für wen es ein Happy End gibt. Eines der schönsten Bilder zum Abschluss aber war, wie sich der wiederum siegreiche Fußball-Feldherr Didier und der besiegte Kicker-General Luis in alter Freundschaft umarmten. Unterm Strich kann man sagen, dass der Fußball bei dieser Premiere ein großer Sieger war.

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