Deutschland, magst aufatmen! Der bittere Kelch ging vorüber, die Schmach blieb erspart, just gegen die verdammten Orban-Ungarn, just in München, eine späte Rache für Bern (WM 1954) zu erleben. Nein, nein, es ging doch nicht vom schlecht bis gar nicht verkauften Regenbogen-Fähnchen in die Gewitter-Traufe, da war schon die Macht des Schicksals dagegen, dass sie einen abgeblockten Ball dem eingewechselten Bayern-Star Goretzka vor die Füße fallen und dessen Schuss obendrein noch von einem Ungarn zum glücklichen oder aber andererseits unglücklichen 2:2 abfälschen ließ. Alles in der verflixten 84. Minute, die den Ungarn schon gegen Portugal nach der vermeintlichen, aberkannten Führung zum Verhängnis geworden war. Seltsam, welch Rollen der Zufallsgenerator im Fußball spielen kann.
Ja, ganz Deutschland kann aufatmen, nicht nur die Fußballfans, nicht nur Jogi, der den Schlusspfiff als Teamchef hinausschieben durfte, auch Angie, die Kanzlerin, die einer Orban-Blamage gerade noch entkommen war. Und während unsere Nachbarn jetzt wieder einmal aufs Neue die Schuhe für eine Wembley-WM-Revanche 66 gegen England schnüren, haben sich die als Rechtsverbinder verteufelten Magyaren auf eine ganz spezielle Art und Weise von einer EM-Bühne verabschiedet, auf der für sie zum Happy End nur ein paar Minuten gefehlt hatten. Ja, einige von ihnen weinten der großen Sensation buchstäblich nach, wischten sich Tränen aus den Augen, was sie aber trotzdem nicht daran hinderte, vor ihren fahnenschwingenden Fans, zum Großteil in rotweißgrünen Nationalfarben gekleidet, nochmals mit Inbrunst die Hymne anzustimmen. Einer für alle, alle für einen.
Abbild von einem Pfui-Nationalismus? Oder Ausdruck von Hui-Patriotismus, der medial dann o. k. zu sein scheint, wenn man sich die richtigen Farben auf die Fahnen heftet? Die sich allerdings beim TV-Lokalaugenschein im ZDF, das sei der Ordnung halber vermerkt, trotz aller medialen und gewittrigen Rainbow-Propaganda auf ein schwarzrotgoldenes Fahnenmeer beschränkten. Dafür hat der des Trikots entkleidete Torhüter-Freund Manuel Neuer beim Post-Match- und Zitter-Aufstieg-Interview natürlich nicht darauf vergessen, die nackte linke Hand mehrmals zu heben, auf der die Kapitänsschleife in Regenbogenfarben baumelte.
Zeit wird´s, dass sich unsere deutschen Freunde wieder darauf besinnen, dass es sich bei dieser „Euro“ immer noch um eine Fußballmeisterschaft handelt, bei der nicht hehre Worte zählen, sondern Teamwork und Tore. Und wenn sie sich dessen wieder bewusst sind, auch wieder besser Fußball spielen. Den in zwei von drei Vorrunden-Spielen enttäuschenden Deutschen sei gesagt, dass sie das (Fußball)-Schicksal nicht zu oft heraus- und überfordern sollten. Und uns Österreichern sei empfohlen, gegen den Favoriten Italien nicht nur verbal, sondern mit allem Können und aller Kraft womöglich sensationell zu vollenden, wozu den tapferen Ungarn nur ein paar Minuten gefehlt haben.