Sie geht seit Wochen, nein: Monaten um, die Frage, die mehr oder weniger nur die Skiwelt bewegt, aber je näher die Entscheidung rückt, umso mehr zieht sie vor allem einschlägige Kreise in ihren Bann: Kommt´s schon jetzt zum Weltcupauftakt in Sölden zum Comeback des Rekord-Weltcupsiegers, Olympiasiegers und Weltmeisters Marcel Hirscher oder doch nicht, sondern womöglich erst in sechs Wochen in Val d´Isere, schließlich sind fünf leere Rennjahre nicht so schnell aufzuholen, nicht wahr.
Irgendwie erinnert mich das an einem Slalom vor dem Riesenslalom, wobei Hirscher mehrmals schon gesagt hat, es ginge ihm bei der Rückkehr ins Renn-Geschehen weniger um schnelle Zeiten und neue Erfolge, sondern ganz einfach um Fun am und im Sport. Ehrlich gesagt, kann ich diese Aussagen nicht nachvollziehen, weil ich meine, dass ein geborenes Rennpferd immer ein Rennpferd bleibt, das dann, wenn es am Start steht, auch die Nase vorn haben will. Und offiziell gemessene Zeiten von Trainingsläufen des Salzburgers, der jetzt gegen Salzburg und Österreich fährt, gibt´s bisher keine, sondern mehr oder weniger optische Eindrücke, die als Basis für Spekulationen dienen.
Was allerdings Schlagzeilen, Zeitungsspalten und vor allem TV-Sendezeiten betrifft, so hat sich der Hahnenkamm-Vorläufer zum absoluten Front-Runner entwickelt, der die Medienlandschaft vor allem hierzulande, aber da und dort auch über die Grenzen hinweg, mit ebensolchen Vorsprung beherrscht, mit dem er oft seine Pistengegner abgehängt hat. Mit seinem bulligen, nicht nur Energie, sondern auch Moneten spendenden Sponsor kann sich Hirscher, selbst dann, wenn er nicht fährt, was als ebensolche Sensation verkaufbar wäre wie ein Start, die Hände reiben.
Seit den Comeback-Gerüchten bis zur Rückkehr-Bestätigung hat das Hirscher-Projekt sozusagen (Schleich)-Werbungsflügel bekommen, deren kräftige und laute Schläge unüberhörbar sind. Hirscher da, van Deer dort, Red Bull überall und eine Euphorie, dass der Supermann von Vorgestern ganz sicher wieder Zukunft hat, auch wenn sie – wie bei Lindsey Vonn, dem US-Stehauf-Weibchen – noch gar nicht begonnen hat. Kein Wunder, dass Marcel, der begnadete Rennläufer, Materialtüftler und Skiproduzent, auch an dieser Entwicklung seinen Spaß hat. Und erst recht daran, dass er wie ein Glücksengel zum Segen des Skisports allerorten hingestellt, vermarktet und verkauft wird.
Wie gut es für den Skirennsport wirklich ist, wenn ein Superstar i. R. nach fünf Jahren aus der Pension kommt und womöglich ganz vorn mitmischt, sei dahingestellt. Ich kann mich, um ein Beispiel aus dem Tennis zu nennen, an den 11fachen Grand-Slam-Sieger Björn Born erinnern, der mit 26 aufgehört, als Frühdreißiger wieder angefangen und so gut wie kein Match mehr gewonnen hat, weil sich mit der Zeit auch der Sport mit allem Drum und Dran geändert hatte. Bin schon gespannt, wann das Hirscher-Spiel mit dem sportlichen Risiko wirklich beginnt – und was daraus außer dem schon gelungenen PR-Hit werden kann. Und wenn das Renn-Tier doch nicht so galoppiert wie erhofft, so kommt immerhin der Spaßvogel Marcel auf seine Rechnung, Buchstäblich.