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Wenn Politik viel zu sehr durchs Schlüsselloch auf Gesten schaut und Worte hört

Fußball ist ein Kampfsport und wo gehobelt wird, das sagt schon eines der Sprichwörter, die allgemein gültig sind, dort fliegen auch Späne. Das trifft nicht nur auf die Spielfelder zu, auf denen dem Erfolg folgend und der Not gehorchend ganz schön geholzt wird, sondern manchmal macht auch den Ton, der Musik macht. Wobei in der Hitze des Gefechtes oder aber, wenn hinter verschlossenen Türen gefeiert oder geschimpft wird, sich manch einer auch im Ton vergreift, ohne dabei zu denken, was er auch mit ein paar Schluck zu viel gesagt hat. Was ehedem so gut wie niemanden interessiert hat, geschweige denn in falsche Kehlen gerutscht war, das wird in Zeiten wie diesen, in denen gute und noch bessere Menschen auf der Social-Media- oder YouTube-Lauer liegen, gierig aufgegriffen, noch gieriger ausgeschlachtet und in politisierender Gier an die große Glocke gehängt, damit im Geiste nahestehende bis verbündete Politgenossen noch lauter aufschreien: Haltet die Diebe, wehret den Anfängen!

Schuld sind ja die „Angeklagten“ selbst, weil sie in ihrem Drang, wenn nicht ihrer Sucht, ausgelassene Feierstimmung oder frustvollen Katzenjammer durchs Schlüsselloch via YouTube, Instagram, Twitter (X) oder WhatsApp aus der Kabine in die große, weite Welt senden. Jetzt wird überall die sportpolitische Bürokratie, wenn nicht außenpolitische Diplomatie eingeschaltet, weil die Argentinier nach dem 1:0 gegen Kolumbien in der Copa America im Blick zurück aufs ebenfalls siegreiche WM-Finale 2022 in Katar gegen viele Franzosen mit afrikanischen Kolonial-Wurzeln rassistische Töne angeschlagen haben sollen.

Und der erst spät an die Uefa angeschlossene Fußball-Zwerg Gibraltar am Südzipfel Europas, der politisch zum United Kingdom gehört, läuft jetzt Sturm gegen „Schlachtgesänge“ des spanischen Europameisters Rodri, der nach dem Finalsieg gegen England lauthals gegrölt haben soll, dass jetzt als nächster Streich das britische Gibraltar erobert wird. Paradox, dass Rodri bei Manchester City spielt, das vom spanischen Staatsbürger Pep Guardiola trainiert wird.

Der Liebe Wege sind verschlungen, so sagt es ein Aphorismus (Kessler), der in einem Atemzug auch über Hass und Verzeihen spricht. Wirrungen und (Ver) Irrungen gehören zum Leben wie das Sprichwort, dass selten so heiß gegessen wie gekocht wird. Auch das sollte man ins Kalkül ziehen, bevor es immer mehr in Mode kommt, aus harmlosen Mücken riesige Trampeltiere zu machen. Und dabei erinnere ich mich des Gesangs eines österreichischen Spitzenklubs, der sich einst in Schottland im Kabinengang auf die keinesfalls traurigen Schottenkinder mit einem nicht ernst gemeinten, aber brutal klingenden Refrain („Schlagt´s den Schotten die Schädeldecken ein, Schädeldecken ein!“) auf eine Knochenmühle einstimmte – eher Wehren der eigenen Haut denn Schlägerlust… 

 Keinem einzigen Schotten ist übrigens damals ein Haar gekrümmt worden. Ein Indiz, weder spontane Worte noch spontane Gesten im emotionsgeladenen Fußball zu ernst nehmen oder auf die Waagschale zu legen. Wer es als Branchenfremder macht, vergiftet erst recht nur die Atmosphäre statt Frieden zu stiften.  

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