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Ist die Flasche einmal leer, findet sich keine Spur an Wunderkräften mehr

Auch meine Wenigkeit als Blogger war sehr angetan, dass Ralf Rangnick als Cheftaktiker und Bullen-Mastermund i. R. zum neuen Teamchef bestellt wurde. Und ich war auch höchst angetan, welch Ruck und damit Wandel durch die Nationalmannschaft gegangen ist in den ersten zweieinhalb Spielen. Nicht zuletzt deshalb, weil die rotweißroten Kraft- samt dem einen oder anderen Schlaumeier den neuen Stil mit dem sogenannten Spiel gegen den Ball den hochkarätigen Gegnern aufdrücken konnten. Seit der zweiten Hälfte gegen die gottlob ineffizienten französischen Weltmeister (1:2 gegen Dänen, 0:1 gegen Kroaten, jeweils in Paris!!!) aber musste man leider frei nach Giovanni Trapattoni sagen: „Flasche immer leerer …“

So geleert, dass nur noch Spurenelemente an Saft da waren, jedenfalls nicht einmal halb so viel übrig wie bei den dänischen Euro-Semifinalisten, deren nicht nur konditionelle, läuferische, sondern vor allem technische Überlegenheit immer eklatanter wurde – auch wenn sie ihre Tore zum 2:0 schon vor der Pause erzielt hatten. So überschwänglich, euphorisch, begeistert und dabei ganz schön übertrieben die Kommentare auch der TV-Experten, so schwer taten sich dann alle, als uns der Spiegel der Fußball-Realität vor Augen gehalten wurde.

Der enorme Aufwand, mit dem viele auch unnötige Abspielfehler anfänglich mit Lauffreude, Kampfkraft und frischen (mentalen) Wind kompensiert worden waren, musste eben früher Kräfte rauben und an die Substanz gehen bei vier Spielen in 11 Tagen und einigen „Top-Guns“, die von etwas schwächeren oder an Praxisnot leidenden Spielern ersetzt werden mussten. Aber Legionäre hin, wenige echte Stars her – die Decke an Klasseleuten ist eben nicht ganz so groß und dick, wie manch Hurra-Patrioten meinten, die sogar schon von einem neuen Wunderteam gefaselt hatten, das jetzt in Kopenhagen eher ein blaues Wunder mit einem blauen Auge erlebt hat.

Selbst der ganz bewusst positiv gepolte Ralf Rangnick musste am Ende des (vierten Spiel) Tages in ehrlicher Einschätzung gestehen, dass unsere Kräfte, aber auch die Klasse gegen Dänemark nicht gereicht haben und wir froh haben sein müssen, nur 0:2 verloren zu haben, „weil es auch 1:4 oder 1:5 hätte ausgehen können!“ Verzeihen Sie, wenn ich den PS-Vergleich ins Fußballspiel bringe, aber Österreichs Nationalteam ist kein Porsche oder Audi, gegen den oder die es als „auffrisierter“ VW in Sportversion halt nur ein paar Runden lang mithalten konnte, ehe der Motor überdrehte. Ja, genau so hat es sich mit der teils altbekannten Truppe abgespielt, die von einem neuen, durchaus lebens- und begrüßenswerten (Kampf)Geist erfüllt war, bei der aber letztlich der beste Wille nicht fürs Werk ging.

Alles andere war und blieb vorderhand ein Wunschkonzert. Wie die Rede von einem neuen Wunderteam und von einem Wunderwuzzi, der aus einem VW einen Porsche zaubert. Trotz der Zündungsprobleme war die Wahl von Ralf Rangnick als Teamchef eine ebenso wichtige wie richtige Entscheidung, damit über kurz oder lang tatsächlich (auch mit neuen jungen Leuten) zusammenwächst, was zusammengehört. Dann kann der Glaube an sich selbst und die Teamkollegen nicht nur einmal, sondern mehrmals Berge, sprich: höher eingeschätzte Gegner, versetzen.

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