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Wo Sportlerkunst, mit Wahrheit auf Augenhöhe zu sein, zu Goldsprüngen oder Schützenfesten führt

Eigentlich wollte ich ja was zu Anna Gasser schreiben, die nach zwei Olympiasiegen jetzt auch Weltmeisterin mit dem Snowboard im Big Air geworden ist. Ich muss gestehen, dass ich dabei als Laie in einer Disziplin, die an Artisten und Attraktionen ohne Trapez grenzt, nicht wirklich mitreden kann. Abgesehen davon, dass Frau Gasser eine Konstante auf allerhöchstem Niveau ist, die fast immer und überall ihre Topleistungen abruft, obschon sie als mehrfache Sportlerin des Jahres ebenso wie als sehenswerter, hörenswerter und darum auch gefragter Aufputz ziemlich herumgereicht wird. Zumindest mehr als viele andere ÖSV-Kolleg(inn)en, die bei weitem nicht so erfolgreich sind. Es sei denn, sie nützen einmal die Gunst der Stunde so wie zuletzt in Kvitfjell mit dem Triplesieg, nach dem sie sich zur interessanten, offenbar an Kritiker gerichtete These verstiegen, die da hieß: „Die Krise wurde nur von au0en dargestellt!“

Ja, wirklich interessant vor allem dann, wenn man sich die Saisonresultate mit den ersten beiden Siegen anschaut, die im letzten Viertel der Saison kamen. Was das betrifft, so scheinen auch Jungsportlerinnen ihre Lektion von den Politikern und deren Aussagen im Fernsehen gelernt zu haben. Ich denke zum Beispiel an die Grünen-Klubchefin Sigi Maurer, die doch tatsächlich vollmundig über die tolle Zustimmung durch ständigen Stimmenzuwachs geschwärmt, aber vergessen hat, dass ihre Partei es wieder nicht in den Kärntner Landtag geschafft hat. Und so, wie allenthalben Wahlergebnisse von welcher Seite immer aus Realitätsverweigerung buchstäblich im Mund umgedreht werden, um besser dazustehen, als man dasteht, so passiert das auch im Sport immer wieder nach mehr oder weniger klaren Niederlagen und deutlichen Pleiten, die im naschhinein schöner geredet werden als sie sind.

So hat Rapid-Cheftrainer Zoran „Zoki“ Barisic nach dem 2:4 im Heimstadion gegen die im Vergleich zu den Vorjahren durch Millionenverkäufe schwächer gewordenen Meister-Bullen nicht den Einbruch im Finish (von 1:1 in 6 Minuten auf 1:4) kritisiert, sondern frisch von der Leber weg gemeint: „Wir waren mit den Salzburgern auf Augenhöhe!“ Stimmt, wenn es nur um 80 Minuten geht, ist aber leider falsch, weil heutzutage die oft unterbrochenen Spiele weit mehr als 90 Minuten dauern. Wenn es aber Schlag auf Schlag in der Endphase gleich dreimal einschlägt, dann muss analysiert werden, in welchem Detail der Teufel steckt. Oder man leidet auf einem Auge unter einem grünen Star, womit man blind ist für die Ursachen des fatalen Triplepacks.

Da lobe ich mir die britische, auch von Legionären (Trainern wie Spielern) übernommene Einstellung, entweder der Wahrheit ins Aug´ zu schauen oder aber dann, wenn sich die Chance bietet, das Maximum herauszuholen. Ich weiß, ich weiß, es hat einmal vor einigen Jahren ein ziemlich anrüchiges, dubioses 0:7 der Salzburger daheim gegen Rapid gegeben, aber solche Schützenfeste sind hierzulande eine absolute Rarität. Im Gegensatz zur Premier League in England, wo sich gestern das gebeutelte Liverpool mit den angeschlagenen Startrainer Jürgen Klopp gegen die zuletzt vermeintlich fast unschlagbaren Red Devils von Manchester United (mit Sabitzer, erst bei 0:5 eingewechselt) den Frust von der Seele schoss – alle sieben, also 7:0 gegen einen Titelkandidaten!

Kein Einzelfall, weder bei Mo Salah und Co., denen heuer auch schon einmal alle Neune (gegen Bournemouth) gelungen waren. Und zweimal 0:9 hat seinerzeit auch der inzwischen arbeitslose Ralph Hasenhüttl bei und mit Southampton gegen den damals noch viel besseren Exmeister Leicester er- und überlebt. Solch hohe Siege als Kontrast zu engen, hart umkämpften Duellen gibt´s auf der Insel nicht zuletzt deshalb, weil bei englischen Klubs der Torhunger mit jedem Tor noch wächst und nicht – wie hierzulande dem Motto folgend: Mehr als G´winnen kannst ja eh net – nach zwei, drei Treffern schon gestillt scheint.

Fast immer und überall gilt dort die Devise: Maximum herausholen, bis zum Ende alles geben, auf Augenhöhe mit der Ehrlichkeit zu sich selbst sein ohne selbstgefällige Schönfärberei, im Guten wie im Schlechten. Das, werte Blog-Freunde, ist neben vielen anderen Begleitumständen auch einer der wichtigsten Gründe, warum die englischen Fans den Vereinen bis hin zur dritten Liga die Türen einrennen. Davon können sich viele unserer SportlerInnen und nicht nur FußballerInnen einiges abschauen. 

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