Es heißt zwar noch Daviscup, hat aber mit dem alten Format des klassischen Daviscups seit der vor allem für
Traditionalisten höchst umstrittenen Reform nur noch wenig am Hut, weil nur noch an zwei Tagen und nicht mehr womöglich legendäre Best-of-5-Matches gespielt werden, sondern nur noch Best-of-3, also Normalturnier-Modus. Das ursprünglich doppelt harte Los für Rotweißrot, das uns Kroatien bescherte, noch dazu auswärts in Rijeka, ist inzwischen ja ganz schön abgeschwächt, weil Kroatien auf den früheren US-Open-Sieger und im Vorjahr wieder mehrmals groß auftrumpfenden Marin Cilic verzichten muss, der statt in Melbourne aufzuschlagen auf dem (Knie)-Operationstisch landete.
Kurzum, dem ÖTV-Quintett von Sportdirektor und Daviscup-Kapitän Jürgen Melzer hat höhere Gewalt in die Hände gespielt, weil die Kroaten jetzt nur noch über zwei Trümpfe verfügen, die da Borna Coric und Mektic-Pavic im Doppel heißen. Könnte Melzer auf einen Dominic Thiem zurückgreifen, der sich mental, konditionell und spielerisch in der Form befindet, in der er vor seiner Handverletzung war, dann hätten sich die Voraussetzungen im Countdown zu diesem Duell ins Gegenteil verkehrt. Aber aus dem Ass, das Österreich früher aus dem Ärmel beuteln konnte, ist ja mittlerweile leider mehr oder minder ein Unsicherheitsfaktor geworden, hinter dessen Verfassung sowohl puncto Tennis als auch Fitness ein ziemlich großes Fragezeichen steht.
Wär´s anders, dann hätte es in seinem Comeback-Jahr nach der langen Pause ja einen steten Anstieg nicht nur im Ranking gegeben, sondern auch mehr Stabilität, was den Körper und den Geist betrifft. So labil sein Spiel, in dem ständig Licht und Schatten wechseln, so sehr zwickt und zwackt es auch physisch bei Thiem, dem zuletzt eine Zerrung „die Rippen“ gegeben hat. Ob ihm die gemeinsame Vorbereitung mit seinem alten Kumpel Dennis Novak, mit Juri Rodionow, zwei Challenger-Turnier-Spielern, und den Wien- und Kitz-Doppelsiegern Erler-Miedler jenes Selbstvertrauen vermitteln kann, das wohl nötig ist, um im Hexenkessel der Rijeka-Arena zu bestehen, das wird ein großes Fragezeichen, aber gerade darum von entscheidender Bedeutung sein. Auch wenn es sich beim Daviscup um einen Teambewerb handelt, so hat die Mannschaftsleistung auch immer und überall, nicht nur im Tennis, mit der Führungs- und Galionsfigur zu tun, die die Teamkollegen mitreißen muss und nicht zusätzlichem Druck aussetzen soll.
Es liegt also, da muss man nicht herumreden, in erster Linie bei diesem Daviscupduell daran, ob aus dem zuletzt schwächelnden Thieminho wieder ein echter Thiem schlüpft, der von Kopf bis Fuß, von Aufschlag bis zum Volley, den alten Weltklassespieler hervorkehrt. Damit es aber gelingt, darf es nicht bei der inzwischen endlos langen Ankündigungspolitik bleiben, die uns zwei Schritte zurück als wichtigen Fortschritt verkauft. Nur ein gesunder Thiem-Geist kann einen Team-Geist wecken, der nicht Berge versetzt, aber die Kroaten am Adriastrand versenkt…