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Mehr Spielerwechsel steigern Tempo und senken Kreativität – quo vadis Fußball?

Wer meinen Blog täglich verfolgt, der wird sich erinnern, dass ich gestern der enorm temporeichen Entwicklung des Fußballs wegen sowohl kreative Köpfe als auch Genies als eine aussterbende Spezies beklagt habe. Dass Fußball aber heutzutage so schnell geworden ist wie nie, das hat meiner bescheidenen Ansicht nach nicht nur damit zu tun, dass die Spieler: Innen mit anderen Methoden und auch Mitteln körperlich besser beisammen sind. Das kräfteraubende Spiel gegen den Ball, das man früher Forechecking oder Pressing nannte, verbunden mit großer Laufarbeit, trägt selbstredend einen großen Teil dazu bei.

Da der Mensch zwar zwei Lungenflügel hat, einen rechten und einen linken, aber nur eine Lunge, ist der Atem bei höchstem Aufwand trotz bester Trainingssteuerung doch beschränkt, geht er mit der Sauerstoffschuld hat irgendwann aus. Es macht und wirkt sich aber seit einiger Zeit für Mannschaften mit einem qualitativ hochwertigen Kader deshalb immer weniger aus, weil das Austauschkontingent im Laufe der Jahre und der Vergabe der Weltmeisterschaft ins wüstenklimatische Katar bis auf fünf Spieler: Innen erhöht wurde.

Weil also ein halbes Feld-Team aus- oder besser eingewechselt werden kann, muss der eine oder andere das Tempo nicht mehr für volle 90 plus Nachspielzeit dosieren, sondern kann sich bis zur Erschöpfung ausgeben, um dann Platz zu schaffen für frische Kräfte. Seit aus der Wüsten-Ausnahme eine Alltagsregel geworden ist, sind die Duelle nicht nur unter Ebenbürtigen noch gnadenloser geworden, weil die Trainer natürlich wissen, dass sie quasi Bauernopfer haben, die sich wie man so schön sagt, den Arsch für den Verein oder das Team aufreißen (müssen).

Ob das der Fußballweisheit letzter Schluss ist, wage ich zu bezweifeln, weil ich als meine, dass es immer noch die Galionsfiguren mit ihren Tricks und dem Hauch an Genialität oder Schuss an Treffsicherheit über Klubtreue eingefleischter Fans hinaus sind, die die Zuschauer wie die Normalverbraucher anziehen. Wie in vielen anderen Lebensbereichen, so bin ich mir fast sicher, dass mitunter ein Schritt zurück wie in allen Lebensbereichen auch dem Fußball als weltweit wohl bedeutendsten Sport nicht schaden, sondern eher nützen könnte. Man muss ja nicht zurückblättern in Zeiten, als nicht einmal ein Tormann gewechselt werden durfte, selbst dann, wenn er groggy war wie ehedem Kurt Schmid beim 7:5 gegen die Schweiz bei der WM 54 in Lausanne.

Es ist zwar nur meine Vermutung, ich bin aber überzeugt, dass geringeres Austauschkontingent mit sagen wir einem Tormann und zwei Feldspielern die Trainer wieder dazu zwingen würde, anders zu taktieren, und die Spieler: Innen, sich die Kräfte besser einzuteilen und das Tempo so zu drosseln, dass auch wieder mehr Freiräume für mehr Freigeister entstehen, um geniale Akzente zu setzen wie es die Ikonen von gestern und vorgestern, von Di Stefano bis Puskas, von Charlton bis Cruyff und einen Kaiser Beckenbauer, aber auch unser Franz Hasil tun konnten.

Der über mehr als ein Jahrhundert gewachsene Weltsport Fußball hat´s nicht nötig, aus welch (kommerziellen) Gründen immer Anleihen aus anderen Sportarten zu nehmen. Weniger ist oft mehr. Auch im Sport.

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