Was immer wir über unsere Nachbarn denken mögen, worüber wir uns mehr amüsieren als uns ärgern – im Gegensatz zu uns sind die Italiener eine echte Sportnation, die fast in allen Sportarten nicht nur Klasseleute produziert, die Titel und Medaillen gewinnen. Und hinter diesen Stars und Starlets steht weit über den die Medien erst recht zum Saisonstart beherrschenden Fußball hinaus ein Fußvolk an Fans, das viel von der jeweiligen (Randsport)-Materie versteht. Ehe wir zum Beweis im Großen kommen, sei Sonntagfrüh mit den Vorläufen der Schwimm-EM am Foro Italico (mit Olympiastadion, wo abends Lazio den FC Bologna mit Arnautovic empfing) herausgegriffen. Zu selbst für römische Sonntags-Begriffe eher nachtschlafender Zeit tummelten sich an die tausend Zuschauer auf den übrigens eigens provisorisch überdachten Tribünen, um die Vorvorentscheidungen zu verfolgen.
Darunter auch jene über 200m Kraul, in denen der WM-Fünfte Felix Auböck den aufgrund der Startliste ausgetüftelten „Marschplan“ perfekt in die Tat umsetzte, als Gesamtneunter (bereinigte Liste) in 1:47,97 das abendliche Semifinale erreichte. „Ich wusste, dass vier Italiener und vier Ungarn gegeneinander schwimmen, weil ja nur zwei pro Nation weiterkommen. Und mir war klar, dass Kristof Milak vorn wegschwimmen wird, um auf Nummer sicher zu gehen. Ich hab´ mich da nicht irritieren lassen, hab´ anfangs nur 95 Prozent gegeben, um Kraft zu sparen, die ich im Semifinale draufpacken muss!“ Ins Semifinale zu schwimmen, wäre Strategie gewesen, „aber das Finale der besten Acht ist eine ganz andere Herausforderung!“
Felix Auböck ist durch so viele Wässerchen geschwommen, dass er Super-Popovici bwundert.
Ein so erfahrener Spitzenschwimmer wie Auböck kennt ja seine teils jüngeren Pappenheimer wie die Westentasche, er weiß natürlich auch, wozu sie fähig sind und was er leisten muss, um auf Augenhöhe zu kommen und zu sein. Was Milak betrifft, so hat ihn der für den Endlauf qualifizierte Felix Auböck (6. im Semifinale mit 1:46,60) nicht zu fürchten, weil dem Ungarn nur zehn Minuten nach seinem Sieg über 100m Delfin (30,33/Simon Bucher 51, 44 Fünfter) im 200m-Kraulrennen die Puste ausgegangen war. Hingegen wird für den Schwimmstrategen Auböck kein Weg am Jungstar Popovici („Wird Popowitsch ausgesprochen, das i hinten ists stumm!“) vorbeiführen, der stets neue Maßstäbe setzt. Ein junger Wunderknabe, dem alles zuzutrauen scheint.
Evergreen Greg Paltrinieri und Hundefreundin Benedetta Pilato, die EM-Titel nach WM-Gold holte.
Auch der der Eindruck, den Felix nach dem TV-Lokalaugenschein im Hotel („Musste mich ausrasten!“) vom Rumänen gewonnen hatte, den die Tifosi auf den mit 6000 Zuschauern prall gefüllten Tribünen nach dem Sternstunden-Weltrekord über 100m Kraul in 46,86 Sekunden frenetisch gefeiert hatten. Und all das, obwohl er mit Milak auch ihre Lokalhelden Miressi (Bronze) und Zanessi besiegt hatte. Aber die italienischen Sportfans wissen es zu schätzen, wenn Sternstunden geschlagen werden. Und eine konnten sie Popovici und den Rumänen ja locker überlassen, weil sie selbst seit Tagen in Medaillen aller Sorten schwimmen und im Gold baden. Auf den Hund kam nur eine ihrer Europameisterinnen, die 100m-Brust-Siegerin Benedetta Pilato, die sich mit Pudel vor der TV-Kamera präsentierte. Goldig!
Immerhin haben wir Österreicher mit Auböck und dem Lagenstaffel-Quartett Reitshammer, Bayer, Bucher und Gigler nicht nur echte Finalkandidaten im 50m-Pool, sondern auch unsere Austro-Griechinnen Alexandri, die in dreifacher Ausführung (Vasiliki im Solo, Anna Maria und Eirini im Duett) Tag für Tag immer wieder um Medaillen im Wasser tanzen. Man muss wie die Drillinge nur die Geduld und Kraft aufbringen, die Erfolge samt Gunst des Augenblicks (Russland-Sperre) erwarten zu können. Interessant, dass just die von uns meist falsch eingeschätzten Italiener diese sportliche Kunst quer durch den „Gemüsegarten“ so gut beherrschen, dass sie jahrein, jahraus, sommers wie winters, stets Erntezeit haben….