Wenn mein verehrter alter Kollegenfreund Michl Kuhn frühmorgens anruft, dann … Ja, es verhieß nichts Gutes. „Ronnie ist tot, nicht mehr aufgewacht.“ In Kitzbühel, einer seiner Wahlheimaten, wo er so gerne im Tiefschnee seiner Skileidenschaft frönte. Herzinfarkt. Es klingt immer noch unwirklich. Unglaublich. So, als könnte nicht sein, was nicht sein darf. Ronald „Ronnie“ Leitgeb, Muster-Macher, Turnier-Veranstalter, Tennis-Präsident i. R., Fitness-Guru, Nichtraucher und Antialkoholiker, Hansdampf in vielen Gassen, ist über Nacht gestorben, keine 63 Jahre alt. Das Buch, das er hinterließ, klingt wie eine geradezu zynische Ironie des Schicksals: Vital! Ihr Gesundheitsbegleiter für die besten Jahre! Wann sonst, bei wem sonst, wie immer sonst sollte der Spruch zutreffen: Mitten aus dem Leben gerissen! Ja, Ronnie, es ist unfassbar. Vor ein paar Tagen haben wir noch telefoniert. In Kitzbühel, wo wir einen Tratsch vereinbaren wollten. Er hat ihn verschoben. Wegen Corona. Jetzt machte der Herzkranz nicht mit. Wie aus dem Nichts.
Erschreckend für einen wie mich, der Ronnie, den unvollendeten Paarläufer auf dem Eis, in der „Presse“, aber auch zusammen mit dem legendären alten Edi Finger beim Radio in die journalistische Grundschule einweihte. Mit seinem selbstbewussten Auftreten, seiner eleganten Erscheinung, seiner Allgemeinbildung und dem sportlichen Allroundwissens hätte er über die „Sport und Musik“-Moderation der 70er- und frühen 80er-Jahre hinaus auch Reporterkarriere machen können. Aber Ronnie wollte sich anders verwirklichen – als Hobby-Tennisspieler, der sich zum Ziel setzte, aus dem jungen Steirer Thomas Muster mit den Tipps von Kapazundern wie Ivan Lendl und Wojtek Fibak einen Weltstar zu machen. Anfangs als Illusionist belächelt, dann auch bekriegt und geklagt im beinharten Duell des Leitgeb-Muster-Lagers mit der Horst-Skoff-Partei um Manager Lutschinger und Coaches Kukal bzw. Bresnik. Es waren beinharte, gnadenlose Schlagabtäusche abseits vom Tennis-Court, ja sogar vor Gericht. Weder solche Scharmützel noch ein fataler Unfall Musters konnten den unaufhaltsamen Aufstieg des Erfolgsgespanns aufhalten, der schließlich im Grand-Slam-Triumph in Paris (1995) und zur zweimaligen Nummer 1 der Tenniswelt (1996) gipfelte.
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Thomas Muster zu Ronnies Tod
„Mein Freund und Mentor hat heute für immer die Augen geschlossen. Mein Beileid gilt der Familie und den Angehörigen. Der Schock sitzt zu tief, um es in Worte zu fassen. Lieber Ronnie, mit Respekt und Demut bedanke ich mich, Teil deines Lebens gewesen zu sein und all diese großartigen Momente mit dir geteilt zu haben.
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Längst hatte sich Ronnie da als Muster-Macher in vielfältiger Form einen Namen gemacht – und als ideenreicher, visionärer, risikofreudiger Veranstalter. Wie mit dem historischen Daviscup-Duell mit den USA im eigens dafür adaptierten Prater-Stadion mit 30.000 Fans. Wie mit Turnieren in St. Pölten, Pörtschach, Kitzbühel, Nizza, Lyon und schließlich in Marbella, einer weiteren Wahlheimat an der Costa del Sol in Andalusien. Auf zwei aufeinanderfolgende Turniere wollte er sich demnächst an Ort und Stelle vorbereiten. Dazu ist´s nicht mehr gekommen. Sohn Florian aus erster Ehe wird sich in Zukunft um das Tennis-Erbe seines Vaters kümmern müssen.
Eine sportliche Erbschaft, vor der sich just jener Günter Bresnik, sein jahrelanger Antipode, um nicht zu sagen: Erzrivale, in höchstem Respekt und größter Anerkennung über alle Auseinandersetzungen hinweg in einem Telefonat mit meiner Wenigkeit verneigte. „Man kann über ihn das eine oder andere sagen, aber anders als die meisten Sportmenschen in Österreich hat Ronnie unglaublich viel bewegt, er hat Impulse gegeben und Akzente gesetzt!“ Einer, der auf der ganzen Welt daheim war. Und einer, der in Worten und Taten auch die heimischen Grenzen gesprengt hat. Wann sonst und bei wem sonst sollte der Satz zutreffen: Ronnie, nicht nur deine Frau Bettina und dein Sohn, nein: wir und der österreichische Sport werden dich vermissen. Ich und viele andere können es einfach nicht begreifen. Leb wohl, alter Freund, wo auch immer.