Tennis

Dominic Thiem und die drohende Gefahr, dass aus der Faust ein Däumling wird

Wie generell in der Gesellschaft von heute hat es sich auch im Sport eingebürgert, manch Negatives in Positives zu verkehren oder verqueren. Etwa im Fußball, wenn eine gute Idee mit schlechter oder unvollkommener Ausführung nichts bringt. Inzwischen wird nicht mehr unter Kollegen oder Freunden geschimpft, der Kopf geschüttelt oder gar der Vogel gezeigt, nein, nein: heutzutage zeigt man in Edelmut mit dem Daumen nach oben, ganz so, als wär´s eine gelungene und nicht letztlich verpatzte Aktion, also Daumen nach unten.

Und so ähnlich spielt es sich seit Wochen, wenn nicht Monaten beim Tennis und mit Dominic Thiem ab, für den als Sieger 2020 gestern in Flushing Meadow, New York, zum Auftakt der US-Open 2022 gegen die spanische Ballwand Carreno Busta nach 3:18-Stunden und vier Sätzen schon Endstation war. Also wieder nichts im Kampf ums Comeback als Spitzenspieler, der er als „Dominator“, Grand-Slam-Sieger und Weltranglistendritter vor der langen Verletzungspause ja gewesen war. Wie so oft in letzter Zeit war bei Thiem so etwas wie Selbstzufriedenheit mit seinem Auftritt und Spiel unüberhörbar, sonst hätte er ja nicht gesagt, „dass das das Beste seit Paris war!“

Paris in welchem Jahr, wenn ich mir erlauben darf zu fragen, weil ja sein Statement die French Open einschließt? Wenn ich mich aber recht entsinne, so hat´s in Roland Garros 2022 gegen den nicht gerade weltberühmten und gefürchteten Bolivianer Dellien eine Dreisatzklatsche gegeben, die sich gewaschen hatte. Seit Wochen, nein: Monaten höre ich den Refrain, dass er mitunter ja schon wieder der alte Dominic wäre, der hin und wieder fabelhafte Schläge aus dem verheilten Handgelenk zaubern würde, dem aber bedauerlicherweise noch die Konstanz fehle, um aus den aktuellen halben Sachen künftig wieder volle Erfolge zu machen.

Ja, so hört sich das von einem Turnier zum nächsten, von einem kurzen Hoffnungsschimmer zum nächsten frustrierenden Blackout an. Und da Thiem als vom Verletzungs- und sonstigen Handicaps gebeutelter Pechvogel immer noch über eine – aus welchen nicht nur sportlichen Gründen immer – an ihm hängende Medienlobby verfügt, hält sich Kritik an seinen (Miss-)Erfolgen weiterhin und immer noch in Grenzen. Gut gespielt, aber leider verloren, das gleicht einem Muster ohne Wert, viel besser wär´s, würde Thiem schlecht spielen, aber mit Rotz und Wasser, Spucken, Beißen, Kratzen gewinnen.

Mit seiner für einen (Ex-)Spitzenspieler eher falschen Grundeinstellung aber droht aus einem hochtalentierten Sportler a la longue ein besserer Sparringpartner zu schlüpfen, von dem die Gegner inzwischen wissen, dass seine alte (Welt) Klasse im Ernstfall von Matches halt nur noch hin und wieder aufblitzt. Wenn Sie mich fragen, dann muss Dominic schleunigst nicht nur an sich, sondern auch an seinem Umfeld etwas ändern, also auch Training und Trainingsinhalte wechseln, um eine echte Trendwende zu erzwingen. Da kann er dann hin und wieder noch so martialisch die Faust zeigen, im Endeffekt wird er ein Fäustling bleiben oder gar Däumling werden. Auch in New York hat er ja verbal den Daumen nach oben gezeigt, obschon es mit dem Resultat bergab gegangen ist. Niederlagen bleiben Niederlagen, auch wenn man sie schönzureden versucht. Und Selbstzufriedenheit wird a la longue stets zum Selbstbetrug. Dominic Thiem ins Stammbuch!

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